Versteckte chemische Beglückung

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Was sich auf Lebensmittel-Verpackungen hinter den zahlreichen "E-Nummern" verbirgt, lässt viele Konsumenten rätseln.

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Was sich auf Lebensmittel-Verpackungen hinter den zahlreichen "E-Nummern" verbirgt, lässt viele Konsumenten rätseln.

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Was immer wir auch essen, sie sind meistens dabei: Lebensmittel-Zusatzstoffe. Der Verbraucher ist einigen tausend Substanzen ausgesetzt, die er kaum mit Namen kennt und deren "E-Nummern" er bestenfalls erraten kann.

Dabei sind gerade sie das Ergebnis intensiver Bemühungen um Klarheit für den Konsumenten. "E" steht für Europa und gilt mit der nachfolgenden Nummer als international anerkannter Code für zugesetzte Substanzen. Auch Länder, die nicht der EU angehören (wie etwa die Schweiz) verwenden das E-Nummern-System. Mit den Zusatzstoffen wollen die Lebensmittelerzeuger sowohl die Haltbarkeit der Lebensmittel erhöhen als auch ihr Aussehen verbessern oder Aroma und Geschmack erhalten.

Damit Zusatzstoffe gesundheitlich unbedenklich bleiben, hat der Gesetzgeber so genannte Höchstmengen festgelegt. Über Tierfütterungsversuche wird die nebenwirkungsfreie Dosis NEL (No Effect Level) einer Substanz ermittelt - und über weitere Sicherheitsabschläge der sogenannte ADI-Wert (Acceptable Daily Intake). Unter dem ADI versteht man die Dosis einer bestimmten Substanz, die ein Mensch lebenslang jeden Tag ohne gesundheitliche Schäden aufnehmen kann. Sie wird in Milligramm je Kilogramm Körpergewicht angegeben, da zum Beispiel Erwachsene mehr von einem bestimmten Stoff vertragen als Kinder. Der ADI-Wert ist nicht gleichbedeutend mit der gesetzlich verankerten Höchstgrenze. Diese soll sicherstellen, dass selbst bei extrem einseitiger Ernährung keine gesundheitliche Gefahr durch Zusatzstoffe in Lebensmitteln besteht.

Vor allem die häufig auftretenden Allergien sind es, die den Verbrauchern die Zusatzstoffe suspekt macht. Außerdem führt der ungebrochene Trend zu vorgefertigten Speisen zu einer Anhäufung der Zusatzstoffe, die die akzeptable tägliche Einnahmemenge (ADI) überschreiten kann.

Bei einigen wenigen Zusatzstoffen besteht nun nach österreichischen Untersuchungen das Risiko, den ADI-Wert zu überschreiten. Das betrifft jedoch in erster Linie Personengruppen mit speziellen Verzehrgewohnheiten und in bestimmten Lebenssituationen.

Besonders junge Menschen und Schwangere sollten sich vor allzu häufigem Genuss von Lebensmitteln hüten, auf denen folgende E-Nummern verzeichnet sind: E 321 (Butylhydroxytoluol, in Kaugummis), E 416 (Karaya, in Knabbererzeugnissen, Eierlikör und Saucen), E 432-436 (Emulgatoren, in Backwaren, Speiseeis, Desserts), E 473-474 (Zuckerester der Fettsäure und Zuckerglyceride, in Backwaren und fertigen Kuchenmischungen), E 481-482 (in Toast und Brötchen), E 492 (in Backwaren und Füllungen) und E 554-559 (in Trockenlebensmitteln, Kochsalz, Nährstoffzusätzen und Zuckerarten).

Auslöser von Allergien Auch bei manchen Farbstoffen können Risiken nicht bestritten werden. Dazu zählen einige Azofarbstoffe (Indanthren), die allergische Reaktionen auslösen können. Die möglichen Missetäter verstecken sich hinter den E-Nummern E 102, E 104, E 110 sowie E 122 bis 127. Besonders häufig kommt es zu allergischen Reaktionen bei Tartrazin-Gelb (E 102). Betroffen davon sind zu einem hohen Prozentsatz Menschen, die auf Acetylsalicylsäure (Wirkstoff von Aspirin) allergisch reagieren.

Im Kampf gegen Schimmel und Co. werden Konservierungsstoffe eingesetzt. Auch das hat seinen Preis. Einmal mehr müssen besonders Allergiker, Asthmatiker und Leberkranke auf diese Substanzgruppe achten. Besondere Vorsicht empfiehlt sich gegenüber Nitritpökelsalz (Natriumnitrit) und Schwefelverbindungen (E 220-228). Nitrit wird heute von vielen Fachleuten auch wegen der möglichen Bildung von krebserregenden Nitrosaminen im menschlichen Körper abgelehnt. Aus hygienischen Gründen will man jedoch auf diesen Stoff nicht verzichtet: Nitrit hat eine stark bakterientötende Wirkung und unterdrückt bei luftdicht verpackten Fleischwaren das Wachstum von Erregern, die lebensgefährliche Nahrungsmittelvergiftungen hervorrufen können.

Schon die Fülle des Angebots bringt es mit sich, dass gesundheitsbewusster Einkauf immer schwieriger wird. Verbraucher sollten daher * beim Einkauf immer einen Blick auf die Zutatenangabe werfen! Sie enthüllt nicht alles aber vieles.

* sich zum kritischen Käufer entwickeln und bevorzugt Lebensmittel aus ökologischer Landwirtschaft wählen.

* als Allergiker alle synthetischen Farbstoffe meiden, vor allem Tartrazin (E 102)!

Die Nachfrage regelt das Angebot. So verändert das Kaufverhalten oft schneller das Herstellerverhalten als jedes gut gemeinte Gesetz.\r E-Nummern. Zusatzstoffe in unseren Lebensmitteln Von Ibrahim Elmadfa, Erich Muskat und Doris Fritzsche. Gräfe u. U., München 2000 . 96 Seiten, TB, öS 90,- /e 6,59 Gezielt einkaufen! Zusatzstoffe in Lebensmitteln.

Von Gabriele Sparrenberger und Marlies Kelzenberg. Mosaikverlag, München 2000. 96 Seiten, TB, öS 105,- /e 7,61

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