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Mißbrauch des Bundesheeres

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Geplante Verlängerung des Einsatzes zeugt vom Versagen der zuständigen Ministerien.

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Geplante Verlängerung des Einsatzes zeugt vom Versagen der zuständigen Ministerien.

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Mit den politischen Umwälzungen in unseren östlichen Nachbarländern und dem Fall des „Eisernen Vorhanges” hat sich die Sicherheitslage entscheidend verändert. Dies gilt für die Landesverteidigung und im besonderen Maße auch für die innere Sicherheit. Unsere Grenzen sind „offen” geworden, und daß es bislang nicht gelungen ist, eine wirksame Grenzgendarmerie aufzustellen, ist ein Versagen der politisch verantwortlichen Innenminister der letzten Jahre.

Die Bevölkerung hat ein Becht auf Sicherheit, und eine wirksame Grenzsicherung war und bleibt auch ohne unseren Beitritt zum Schengener Abkommen eine der großen Herausforderungen der Politik.

2. Es ist zwar eine Aufgabe des Bundesheeres, aber nicht seine Hauptaufgabe, den zivilen Behörden zur Aufrechterhaltung von Buhe und Ordnung Assistenz zu leisten - also kurzfristige Hilfestellung solange zu geben, bis die „Gefahr” abgewandt, und die zivile Behörde dazu wieder alleine in der Lage ist. Nun kann von einer Assistenzleistung im Sinne der im Wehrgesetz vorgesehenen Hilfestellung dann nicht mehr gesprochen werden, wenn der Grenzeinsatz des Heeres schon ins achte Jahr geht und weitere zehn Jahre dauern soll. Dies bedeutet eine Verlagerung des Aufgabenbereiches des Heeres - und dazu bedarf es einer Änderung des Wehrgesetzes.

3. Natürlich kann das Wehrgesetz geändert werden. Es darf aber keine „schleichende” Änderung der Verfassung beziehungsweise des Wehrgesetzes geben. Aus liberaler Sicht ist es nicht Aufgabe des Bundesheeres, sicherheitspolizeiliche Aufgaben wahrzunehmen - dies muß alleinige Aufgabe der Polizei bleiben. Leider kennt die Geschichte unseres Landes zu viele „Polizei-Einsätze” der Armee beziehungsweise des Bundesheeres zur Niederschlagung von Freiheitsbestrebungen, und eine Sicherung gegen illegale Grenzgänger rechtfertigt nicht den Einsatz des Bundesheeres.

4. Mit dem Inkrafttreten des Schengener Abkommens braucht Österreich eine wirksame Grenzgendarmerie, will es seiner europäischen Verpflichtung gerecht werden. Der Preis für offene EU-Binnengrenzen, für die Freizügigkeit im Beise- und Personenverkehr innerhalb der EU, ist nun einmal dieser - unser - Beitrag zur Sicherheit. Es ist der Innenminister gefordert, dies umgehend zu organisieren, und zwar ohne Aushilfe durch das Bundesheer und ohne die Soldaten als Hilfsgendarmen mißbräuchlich und gegen den Geist der Verfassung einzusetzen. Wenn die Planungen des Innenministeriums schon Hilfsgendarmen im Grenzeinsatz vorsehen, warum wird dann nicht ein „Wehrdienst” auch bei der Grenzgendarmerie angeregt?

5. Es ist unredlich, die Soldaten als billige Aushilfe oder Ergänzung zu verwenden. Es ist weder ein militärischer Nutzen erkennbar noch ist der Grenzeinsatz billig. Sicherlich erspart sich das Innenministerium Personalkosten, doch belastet der Grenzeinsatz das LV-Budget mit Mehrkosten von rund 400 Millionen (!) jährlich. Diese Mittel fehlen dem Bundesheer bei der Modernisierung seiner Ausrüstung und in der Ausbildung. Bedauerlich ist nur, daß auch in dieser Frage der Verteidigungsminister die Interessen des Bundesheeres nicht wirklich vertritt und daher bereits eine merkbare Einschränkung der Einsatzbereitschaft des Bundesheeres eingetreten ist. Es sollten daher die Kosten des Grenzeinsatzes des Bundesheeres vom Innenministerium getragen und die bislang angefallenen Mehrkosten von über drei Milliarden (!) refundiert werden - auch um der Kostenwahrheit gerecht zu werden.

Aus liberaler Sicht sollte der Grenzeinsatz des Bundesheeres als Assistenzleistung an das Innenministerium also schon längst beendet sein. Grenzsicherung darf keine zentrale Aufgabe des Bundesheeres sein, zu der sie bereits geworden ist beziehungsweise zu werden scheint. Daß der Verteidigungsminister am Grenzeinsatz noch immer festhält, ohne dafür einen Kostenersatz und eine rasche Beendigung zu fordern, zeigt von Unkenntnis oder Fehleinschätzung der Lage.

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