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Zu Lasten des Heeres

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Der wichtige Assistenzeinsatz sollte nicht nur aus dem Wehrbudget finanziert werden.

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Der wichtige Assistenzeinsatz sollte nicht nur aus dem Wehrbudget finanziert werden.

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Seit September 1990 wird das österreichische Bundesheer, hauptsächlich an der burgenlän-dischen Grenze gegenüber dem Osten, zum Assistenzeinsatz herangezogen. Die Aufgabe unserer Soldaten ist es, Tag und Nacht sowie bei jedem Wetter den einerseits eintönigen und dann sehr rasch wieder angespannten Dienst zu versehen. All jenen Soldaten, die dazu beigetragen haben, seit Beginn des Einsatzes über 40.000 illegale Grenzgänger aufzugreifen, wird vor allem von der Bevölkerung in den betroffenen Räumen Anerkennung gezollt. Die eingesetzten Soldaten kommen aus ganz Österreich und dokumentieren damit in Erfüllung ihrer Befehle auch Solidarität mit jenen Teilen unseres Landes, die Nutznießer ihres Einsatzes sind.

Dieser Einsatz kostet jedoch auch Geld. Dieses Geld wird derzeit ausschließlich vom Bundesministerium für Landesverteidigung aus dem Wehrbudget bereitgestellt, es sind dies zirka 500 Millionen Schilling pro Jahr. Dieser scheinbar hohe Betrag ist jedoch noch immer günstiger als jene Mittel, die aufzuwenden wären, wenn die selbe Aufgabe ausschließlich von pragmatisierten Beamten übernommen werden müßte.

Die Masse der derzeit eingesetzten Soldaten sind junge Staatsbürger, die in Erfüllung ihrer Präsenzdienstpflicht einen bestimmten Anteil ihrer Dienstzeit gemeinsam mit dem Kaderpersonal dieser Aufgabe widmen. Von militärischer Seite wird&ehr oft der Einwand erhoben, daß diese Zeit in der Ausbildungszeit des Soldaten fehlt. Diesem Argument kann durchaus gefolgt werden, ist doch die Wehrdienstzeit in Österreich eine der niedrigsten der Welt. Jede Minute, die daher an der Grenze verbracht wird, kann nicht in die gemäß Ausbildungsplanung vorgesehenen Inhalte investiert werden. Die verantwortlichen Entscheidenden müssen sich in diesem Wertekonflikt klar für eine Lösung entscheiden. Im Hinblick auf die derzeit nicht gegebene aktuelle Kriegsbedrohung fiel der Entschluß leichter, die Soldaten an die Grenze zu schicken. Es ist jedoch klar und unbestritten, daß von der Dauer der eigentlichen Ausbildungszeit nicht abgegangen werden kann. Das heißt im Konkreten, daß die politisch Verantwortlichen Qualitätseinbußen in der Ausbildung derzeit bewußt in Kauf nehmen zugunsten der im Moment wichtigeren Aufgabe der Grenzsicherung. Natürlich erfordert das Erreichen einer vollen militärischen Verwendungsfähigkeit in der Folge eine intensivierte Ausbildung. Es wird auch notwendig sein, nach einer Beendigung des Assistenzeinsatzes wieder zum alten Zeitansatz in der Ausbildung zurückzukehren.

Ein weiterer Aspekt soll ebenfalls in Erinnerung gerufen werden, und das ist die Belastung, die sich nicht zuletzt für Kaderpersonal durch die sich häufig wiederholenden Einsätze ergibt. Eine entsprechende finanzielle Abgeltung erleichtert zwar das Annehmen dieser Belastungen, nimmt sie aber nicht weg. Gerade hier kann man sehen, welche Probleme auch entstehen würden, sollte eine professionelle Grenztruppe jahrein jahraus diesen Dienst wahrnehmen müssen. Das Inkrafttreten des Schengener Abkommens zur Sicherung der EU-Außengrenzen verlangt jedoch von Österreich entsprechende Sicherheitsmaßnahmen an der Grenze.

Die jedoch für die nahe Zukunft absehbare Osterweiterung der EU macht es allerdings unsinnig, für einen derart kurzen Zeitraum eine Unzahl von Beamten zu systemisieren, deren Notwendigkeit von einem Tag auf den anderen hinfällig sein kann. Hier ist es zweckmäßig, sich auf das wesentlich flexiblere Instrument Bundesheer abzustützen, das den Einsatz jederzeit beenden kann, ohne daß daraus personelle Konsequenzen zu ziehen sind.

Als völlig unbefriedigend ergibt sich aber der bereits angeführte Umstand, daß dieser Einsatz des Heeres, der zugunsten des Bundesministeriums für Inneres stattfindet, zur Gänze aus dem Wehrbudget zu begleichen ist. Gerade in Zeiten, wo eine Aufstockung des Wehrbudgets zur Erhaltung der Grundsubstanz des Bundesheers unabdingbar erscheint, wäre es auch zweckmäßig, wenn im Sinne der Kostenwahrheit ein Einsatz zur inneren Sicherheit aus anderen als den militärischen Budgetmitteln finanziert werden würde.

Wichtig bleibt festzustellen, daß trotz aller aufgezeigten und bekannten Nachteile dieser Einsatz weiter durch das Bundesheer durchgeführt werden soll, wobei die Kernaufgaben des Bundesheers grundsätzlich aber auch finanziell davon unberührt bleiben müssen.

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