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Bald nur noch einfache Gewehre für die Soldaten?

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Die Antwort Montecuccolis auf die Frage, was man zum Kriegführen primär benötige, ist bekannt: „Geld, Geld und nochmals Geld!“ Es ist eine unumstoßbare Tatsache, daß Aufbau und Unterhalt einer Armee bedeutende Mittel verlangen. Die Summe der finanziellen Mittel, die der österreichischen Landesverteidigung jährlich zur Verfügung stehen, gelten als Gradmesser für die Ernsthaftigkeit der Bewahrung der österreichischen Souveränität. Hier soll nun nur das derzeit stärkste Glied der umfassenden Landesverteidigung untersucht werden: Wie steht es um die finanziellen Mittel für das Bundesheer?

Auf Grund einer groben Analyse des Verteidigungsbudgets kann relativ genau die Effektivität des Bundesheeres, die ja weitgehend vom Geld abhängt, bewertet werden. Für das laufende Budgetjahr stehen - die Ansätze für das Heeresgeschichtliche Museum und den heereseigenen Land- und Forstwirtschaftsbetrieb Allentsteig ausgenommen - rund 9,4 Milliarden zur Verfügung. Die im Bautenressort mit 368 Millionen Schilling als „Bauten für die Landesverteidigung“ veranschlagten Mittel sind bereits berücksichtigt.

In der Folge werden die verfügbaren Mittel nach Gesichtspunkten der modernen Kostenrechnung dargestellt:

Investitionen: Beschaffung von Rüstungsmaterial wie Panzer, Fahrzeuge, Waffen und Flugzeuge; Beschaffung von Kriegsvorräten wie Munition, Betriebsmittel und Verpflegung; Infrastruktur wie Erwerb von Liegenschaften, Errichtung von Gebäuden und Befestigungsanlagen.

Betriebskosten: Personal (Gehälter, Taggelder, Gebühren), Material (Munition, Betriebsmittel und Verpflegung für die Ausbildung) und Materialerhaltung (Ersatzteile, Dienstleistungen für Instandsetzung).

Sonstige Kosten: Infrastruktur (Mieten, Beheizung, Beleuchtung und Instandsetzung von Gebäuden) sowie allgemeine Betriebskosten.

Wie sieht nun die Verteilung der vorhandenen Budgetmittel auf die eben genannten Gruppierungen aus? Auf das Personal entfallen in Österreich 52 Prozent, auf die Materialerhaltung 5,6 Prozent, für das Kapitel „Sonstige Kosten“ sind 20 Prozent vorgesehen, während für die Investitionen gerade noch 21,7 Prozent von den Budgetmitteln übrigbleiben. Dem internationalen Standard entspricht demgegenüber folgende Aufteilung: Personal 42 Prozent, Materialerhaltung 10 Prozent, Sonstige Kosten 15 Prozent, für Investitionen immerhin 33 Prozent, womit sich doch ein erheblich anderes Bild als in Österreich ergibt

Aus dieser Gegenüberstellung können folgende Erkenntnisse gezogen werden: Der Personalaufwand ist hoch; die Mittel zur Materialerhaltung sind sehr gering, die materielle Einsatzbereitschaft dürfte also nicht hoch sein; der Investitionsaufwand erscheint sehr niedrig.

Wenn man die gesamte Rüstung des Bundesheeres mit einem Wert von rund 30 Milliarden Schilling bewertet, eine durchschnittliche Lebensdauer der Rüstungsgüter von 15 Jahren annimmt, dann sind jährliche Re-Investi-tionen in der Größenordnung von zwei Milliarden Schilling erforderlich. Es handelt sich hier um Ersatz von auszuscheidenden Rüstungsgütem und um keine Neuanschaffungen. Im laufenden Budget sind aber großteils Neuinvestitionen enthalten, wie Beschaffung von geländegängigen Kraftfahrzeugen, Jagdpanzern „Kürassier“ und Fliegerabwehrkanonen. Es kommt also zu einer Entwicklung, wonach das vorhandene Gerät immer älter wird, die Materialerhaltung dadurch immer teurer und unwirtschaftlicher, da Rüstungsnachbeschaffungen (Re-Inve-stitionen) auf die lange Bank geschoben werden.

Die Auswirkungen dieser Finanzpolitik auf die Materialerhaltung wurden kurz gestreift Die augenblicklichen Ausgaben auf diesem Sektor betragen rund 0,5 Milliarden je Jahr. Nach internationalem Standard sollten 5 bis 7 Prozent des Rüstungsneubeschaffungswertes jedes Jahr für Materialerhaltung vorgesehen sein. Auch hier klafft die Lücke zwischen Soll und Wirklichkeit weit auseinander.

Betrachtet man nun die Entwicklung des Wehrbudgets seit 1970, so sind folgende Trends deutlich festzustellen: Die Steigerungsraten des gesamten Budgets sind höher als die des Wehrbudgets (212 und 194 Prozent); die Personalausgaben innerhalb des Wehrbudgets stiegen außerordentlich, nämlich auf 223 Prozent; der Sachaufwand stieg demgegenüber geringer (173 Prozent). Im Zeitraum 1970 bis 1977 betrug der Index für Rüstungsgüter 183 Prozent.

Demgemäß unterliegt vor allem die Rüstungsplanung und die Beschaffung - wesentlichste Kriterien schlagkräftiger Streitkräfte - der sehr einsichtigen rechnerischen Notwendigkeit, daß bei überproportional steigenden Personalausgaben sowie bei überdurchschnittlichem Rüstungskostenindex der Investitionsspielraum immer weiter eingeengt wird.

Wenn diese Entwicklung so weitergeht, dann werden bald nur mehr Soldaten mit Gewehren herumlaufen. Diese sind rüstungsmäßig sehr billig. Schwere Waffen wie Panzer, Panzerabwehr oder Artillerie wird es dann kaum mehr geben. Über den zu entrichtenden Blutzoll in einer kommenden Auseinandersetzung wage ich keine Prognose zu stellen.

Was ist in dieser Situation zu tun? Der Personalaufwand muß unbedingt abgesenkt werden. Etwa durch Al> klopfen der umfangreichen Stäbe auf nicht unbedingt erforderliches Personal. Ebenso sollten Neuaufstellung und Neukäufe (z. B. Abfangjäger) nicht stattfinden, solange die bestehenden Truppenteile nicht wirklich einsatzbereit sind.

Die in diesem Artikel dargelegten Gedanken sind - neben anderen Überlegungen - Gegenstand der Beratungen der Arbeitsgemeinschaft Sicherheitspolitik.“ des österreichischen Car-tellverbandes.

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