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Wenn es brennt, muB gelöscht werden

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Für das Bundesheer gilt der gleiche Grundsatz wie für die Feuerwehr. Wenn es irgendwo brennen sollte, muß rasch gelöscht werden, das heißt, die Truppen müssen innerhalb kürzester Frist einsatzbereit sein.

Das hört sich in der Theorie sehr leicht an und ist auch für jedermann verständlich. Wenn es einmal in der Nähe unserer Grenze kriseln sollte oder sich gar Truppen eines fremden Staates anschickten, in Österreich einzudringen, dann wäre es zu spät, eine Verteidigung zu organisieren, Waffen anzuschaffen, Soldaten für den Einsatz auszubilden oder Befestigungen anzulegen. Freilich gibt’ es keine undankbarere Aufgabe, als die Menschen im tiefsten Frieden von Zeit zu Zeit daran zu erinnern, daß es eines Tages auch anders sein und die Routine des Alltags - Arbeiten, Verdienen, Vergnügen, Urlaub, Feiertage - gewaltsam unterbrochen werden könnte.

Eine Mobilisierung stellt nicht nur den Staat, die Behörden, die Wirtschaft, den Verkehr vor eine ganze Fülle ungewohnter Probleme, sondern betrifft jeden einzelnen Staatsbürger. Auch wenn wir diesen Tag X hoffentlich nie erleben werden - die Vorbereitungen für ihn müssen getroffen werden. Denn sollte die Mobilisierung wirklich einmal notwendig sein, müßte alles innerhalb weniger Tage, ja Stunden klappen. Auch wenn in Österreich gelegentlich andere Ansichten vorherrschen, muß man es ganz nüchtern und trocken aussprechen: Ein Verteidigungsminister, der glauben sollte, sich diese wenig populären Übungen ersparen zu können, gehörte wegen Verantwortungslosigkeit mit nassen Fetzen davongejagt.

Der Aufbau der österreichischen Wehrorganisation sieht freilich nicht für jede Krise die sofortige Mobilisierung vor. Erinnern wir uns an einen konkreten Fall. Im Oktober 1956 hätte die Regierung, selbst wenn dies theoretisch möglich gewesen wäre, sowohl aus außenpolitischen wie aus innenpolitischen Gründen gewiß nicht die Mobilisierung angeordnet - und sie würde dies in einem ähnlich gelagerten Fall auch künf tighin nicht tun. In solchen Situationen müßten die Einsatzeinheiten des Bundesheeres in Funktion beziehungsweise in Aktion treten. Nur am Rande: Allein dieses Konzept macht es unmöglich, die Rekruten unmittelbar nach Abschluß der Ausbildung wieder ins Zivilleben zu entlassen. Die Soldaten müssen, weil dies notwendig ist, einen Teil ihrer Präsenzzeit bei Einsatzverbänden dienen.

Reichen jedoch diese Truppenteile nicht aus, um mit einer Krisensituation fertig zu werden, müßte die Mobilisierung proklamiert werden. Diese muß natürlich rechtzeitig geübt werden. Wann denn, wenn nicht in Friedenszeiten, sollten die Einberufungslisten vorbereitet werden? Hier gilt es zu bedenken, daß die lebenswichtigen Betriebe weitergeführt werden müssen, daß der Betrieb in Schulen und Spitälern nicht beeinträchtigt werden darf, daß die Verwaltung, die Exekutive, der Zivilschutz weiter funktionieren müssen usw. Würden die Mob-Verbände nicht schon in Friedenszeiten personell zusammengesetzt, könnte es passieren, daß ganze Einheiten im Ernstfall praktisch ausfallen. Ähnliche Vorbereitungen fallen in die Kompetenz der Wirtschaft und des Verkehrs.

Geübt muß aber vor allem die Einberufung werden. Diesem Zweck dienen in erster Linie die Grenzschutzinspektionen. Sie zeigen zwar noch verschiedene Mängel in der Organisation auf, im großen und ganzen bestätigen sie aber, daß von der Planung gute Arbeit geleistet wurde. Auch echte Mob-Bataillone wurden und werden aufgerufen, kontrolliert und instruiert. Besonders lehrreich, aber auch ermutigend war die Mobilisierungsübung in Trofaiach (Steiermark) im Juni vergangenen Jahres. Sie bewies, daß die Reservisten bereit sind zu kommen, wenn sie gerufen werden, aber auch, daß sie bereit sind, sich voll einzusetzen. Am erfreulichsten jedoch war die Erkenntnis, daß die Bemühungen der Militärbehörden von den zivilen Dienststellen, von den Arbeitgebern der Reservisten, von den Betriebsräten und von der ganzen Bevölkerung tatkräftig unterstützt wurden.

Einige interessante Einzelheiten: Der vorgesehene Zeitplan konnte bis ins letzte Detail eingehalten werden. Von den 825 einberufenen Reservisten meldeten sich 802 pünktlich, 23 hatten plausible Entschuldigungsgründe angegeben, 90 Prozent der Soldaten erfüllten die gestellten Bedingungen beim Scharfschießen mit dem Sturmgewehr. Trotz der verschiedensten Geburtsjahrgänge war der Ausbildungsstand gleichmäßig gut.

Abgesehen davon, daß die Einberufung von Mob-Bataillonen unerläßlich ist (die Übungen werden deshalb auch konsequent fortgesetzt), sie hat auch noch einen anderen Vorteil: Die Angehörigen der Grenzschutzkompanien sind dann nicht die einzigen, die von Zeit zu Zeit für einige Tage ihre Zivilkleidung gegen die Uniform vertauschen müssen.

Um es nochmals zu sagen: Die Mo- bilisierungsvorbereiti’ngen müssen im Frieden getroffen rden. Falls es einmal brennen sollte, wäre es zu spät! Dann müßte rasch gelöscht werden.

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