Die erfolgreiche Reformepoche des österreichischen Unterrichtswesens unter dem Minister Leo Graf Thun-Hohenstein (1849/60, Gymnasialreform, Hochschulreform) ging kläglich zu Ende. Nach der militärischen Niederlage von 1859 wurde der Minister weggeschickt und der Verwaltungsreform, die dem verlorenen Krieg folgte, fiel zuerst das Unterrichtsministerium zum Opfer. In den sechziger Jahren hat es dann im Kulturstaat Österreich kein Unterrichtsministerium gegeben. Das erst am 2. März 1867 wiederhergestellte Unterrichtsressort trat allerdings mit einer der größten Taten, die je das österreichische Schulwesen vollbrachte, an die Öffentlichkeit: Vor bald genau 100 Jahren, am 20. Mai 1869, wurde im „Reichsgesetzblatt für das Kaisertum Österreich“ das berühmte Gesetz publiziert, durch „welches die Grundsätze des Unterrichtswesens bezüglich der Volksschulen festgelegt werden“.
Die Tagung der Wiener Diözesansynode, die Mitte Jänner 1969 in der Konzilsgedächtniskirche der Jesuiten in Lainz stattfand, war ein Ereignis in der Klimax:• Papst Paul VI. hatte kurz vorher mehrmals und in bewegten Worten seine tiefe Besorgnis über die Desordre zum Ausdruck gebracht, die neuerdings in der Kirche, vor allem unter den Intellektuellen, um sich greift.• Der Diözesanbischof von Graz-Seckau, Doktor Josef Schoiswöhl, hatte zum Jahreswechsel die erbetene Enthebung vom Bischofsamt erhalten und bei dem ganzen eine ebenso verantwortungsbewußte wie entschiedene Haltung inmitten der heftigen Bewegungen des Tran-sitoriums der nachkonziHaren Ära gezeigt. • Die Pastoralkonferenz der katholischen Kirche in den Niederlanden hatte den da und dort in sensationeller Aufmachung angekündigten „Bruch mit Rom“ nicht vollzogen; der niederländische Katholizismus (dieser Begriff ist dort seit der Reformation bodenständig) erwies sich ganz im Gegenteil und wie so oft in seiner bisherigen Geschichte als römisch-katholisch.
Die APO, die Außerparlamentarische Opposition der neuen Linken, will den Klassenantagonismus verschärfen und die Erreichung ihrer Ziele, wenn es sein muß, mit Mitteln der Gewalt erzwingen. Die neue Linke ist aggressiv. Aber sie gibt vor, in der Verteidigung zu stehen; in der „Verteidigung der Humanität“. Zu diesem System gehört der Versuch, das, was man die „unbewältigte Vergangenheit“ der zwanziger und dreißiger Jahre nennt, denen anzuhängen, auf deren ideelle und materielle Überwältigung und Auslöschung die Linke aus ist. Die Tatsache, daß es vor dem zweiten Weltkrieg nicht nur den Faschismus gegeben hat, sondern ein in den Methoden verwandtes Volksfrontregime, wird von der Linken sorgfältig unter Verschluß gehalten. So ist für die Linke die Abrechnung mit dem Faschismus nicht der einmalige Akt einer nationalen Selbstbesinnung und Selbstreinigung, sondern eine ständig gebrauchte Waffe bei der Austragung des Klassenantagonismus.
Der Sprachgebrauch unserer zeitgenössischen Publizistik hat das Wort konservativ noch einmal entdeckt. Er stellt es in einen ungewohnten Zusammenhang: Der alte Bolschewik Molotow, größter aller überlebenden Tatzeugen des Stalinismus, wird als Konservativer charakterisiert; die Methoden der früheren kommunistischen Kommandowirtschaft in der CSSR werden als konservativ den Neuerungen der Ära Alexander Dubcek gegenübergestellt; ganz allgemein wird konservativ als Negativum im Sinne von Erstarrung im Gewesenen, Rückschritt zu Überholtem und Unfähigkeit zur Aufgeschlossenheit gegenüber
Wer kurz gefaßt von dem redet, was im Herbst 1918 in Wien und in Österreich geschehen ist, sprach bisher vom Umsturz. Jetzt, 50 Jahre nachher, taucht nochmals die Frage auf: War es wirklich nur ein Umsturz oder war das Entstehen der Republik Österreich ein revolutionärer Akt? Die Politologen und die Historiker weisen zumeist darauf hin, es sei keine Revolution gewesen; die Parteigänger der nationalen und sozialen Revolution, die in Europa seit 1848 im Gang ist, reklamieren einen revolutionären Akt; die Staatsrechtler sprechen von einer Diskontinuität der Rechtsordnung, von einem Bruch,
Das „neue Modell der Hochschule“ Ist ein Anliegen der Hochschüler und der jungen Dozenten und Assistenten. So wie in anderen europäischen Ländern haben sich auch in Österreich die Hochschullehrer und die akademischen Behörden gegenüber dieser Forderung der Jungen zunächst eher zurückhaltend benommen. Der Staat, das heißt der nach der Verfassung berufene Unterrichtsminister, der Bundesrat und die parlamentarischen Klubs der Parteien, haben entschieden die Bereitwilligkeit zur Aufnahme der Gespräche gezeigt.Es scheint also ein Gespräch zu dritt zu werden; ein Teilnehmer läuft
Auf der Bühne des Theaters ist es wichtig, daß der Akteur am Schluß einer Szene, eines Akts oder des ganzen Stücks, einen eindrucksvollen Abgang hat; vor allem dann, wenn ein weiterer Auftritt folgen soll.Auf der Bühne des studentischen Lebens und der Politik war die Selbstauflösung des CV im Dritten Reich, im Jahre 1935, ein Aktschluß. Zwar wurde nachher, in unserer Zeit, der Vorhang noch einmal hochgezogen; aber der CV in Deutschland ist nie mehr auf jene achtunggebietende Höhe der Leistung und des Erfolgs gelangt, auf der er in den langen Jahren zwischen Ludwig Windthorst und
Nachdem in allen Nachbarstaaten Österreichs (die Volksrepublik Ungarn ausgenommen) in dem vergangenen stürmischen Frühling 1968 Revolten der Studenten und der Jugend stattgefunden haben, ist es jetzt in den Ferien an der Zeit, eine vorläufige Quersumme des Ergebnisses der ersten Runde der Auseinandersetzung zu ziehen.• Die Revolte der Studenten begann zumeist mit einem Aufbegehren gegen unzulängliche Zustände an der Hochschule; sehr bald schlug die Forderung nach einer besseren Hochschulverwaltung in einen stürmischen Protest gegen das „veraltete Modell der Hochschule“ um.• In
Im alten Österreich hat man die k. k. Reichshaupt- und Residenzstadt Wien nicht den Wasserkopf des Reiches genannt. Niemand dachte daran, diese Hauptstadt müsse sich „gesundschrumpfen“; ganz im Gegenteil. Wien entwickelte sich kräftig und sollte zur 4-Millionen-Stadt ausgebaut werden. In dem 1918 auf ein Achtei der Fläche und Bevölkerung der ehemaligen Donaumonarchie zusammengeschrumpften neuen Kleinstaat Österreich war Wien durch den Verlust eines großen Hinterlandes am schwersten getroffen. Die westlichen und südlichen Bundesländer, die gleichfalls schwer amputiert wurden,
„Österreich kommt immer um eine Idee, ein Jahr oder eine Armee zu spät.” Hier soll nicht untersucht werden, ob dieses Tadelwort dem Herzog von Marlborough während des Spanischen Erbfolgekrieges entschlüpft ist, oder Friedrich dem Großen und später Napoleon im Übermut ihrer militärischen Überlegenheit; oder dem britischen Premierminister Pitt angesichts seiner Enttäuschungen mit dem österreichischen Bundesgenossen.Die „österreichischen inneren Hemmungen”, um die es hier geht, kamen aus der. Situation, in der das alte Österreich trotz allen Reichtums an ideellem und
Das Jahr 1938 war das fünfte Jahr der sogenannten Selbstauflösung des österreichischen Parlamentarismus im März 1933. 1938 waren die Ereignisse des ersten Jahres der Ära, die man dann die Systemzeit nannte, schon halb vergessen. Wer erinnerte sich in dem strahlenden Frühling 1938 an jenen Streik der Eisenbahner, der dann zu der historischen Kampf abstimmung im Nationalrat vom 4. März 1933 führte? Wer wußte, daß es damals 81:80 „stand”? Wer kümmerte sich noch um die parteiinternen Streitigkeiten, die innerhalb der sozialdemokratischen Partei stattgefunden haben und als Folge
Es gehört zu den Leistungen marxistischer Dialektik, die ideologische Einheit von Atheismus und Marxismus zuweilen so zu verdecken, daß der Eindruck entsteht, als handle es sich nicht um einen Konflikt dieser Ideologie mit der Religion, sondern um einen unverschuldeten Zusammenstoß mit den Kirchen und Religionsgesellschaften, die sich in politische Bündnisse mit Feudalismus, Kapitalismus und Faschismus eingelassen haben. Daher lag auch über den konsequenten Verfolgungsmaßnahmen, mit denen der Marxismus, wo immer er an die Macht kam, über alle Erscheinungen des religiösen Lebens
Als „fraktionelle Stimme eines katholischen Politikers“ bezeichnet Bundesminister a. D. Vizebürgermeister Dr. Heinrich Drimmel selbst in einem dem Manuskript beigefügten Begleitbrief, seine vor kurzem vor katholischen Männern Deutschlands in Bamberg gehaltenen Ausführungen. Gerne stellen wir diese — um ebenfalls wieder mit Dr. Drimmels eigenen Worten zu sprechen — „Stimme von rechts her“ zur Diskussion. Wir könnten uns vorstellen, daß sie eine lebhafte Aussprache eröffnet.Die RedaktionAlle vier Jahre sind die stimmberechtigten Bürger der Bundesrepublik Deutschland
im Staate Illinois eine Wahlkarr pagne statt, die der Prolog ein Schicksalsentscheidung für d; amerikanische Volk werden sollt Äußerlich gesehen, ging es daran ob es dem bisherigen Inhaber eint Senatssitzes, Stephen Amol Douglas, gelingen würde, sein Mar dat zu verteidigen, oder ob er e seinem Gegenkandidaten, dei 49jährigen Prozeßadvokaten Abra ham Lincoln aus Springfield, über lassen sollte.Beide Kandidaten hatten verein bart, in einer ganzen Serie vo Debattenreden, die sich den ganze Sommer hinzogen, das Volk zu Entscheidung zu bringen. Denn ii Grunde ging es nicht um ein Man dat,
Die Lebensbereiche des Kommerzes und des Geistes stehen sich in unsrer Zeit leider allzuoft beziehungs- und verständnislos gegenüber. Menschen, 'di# in beiden Sphären beheimatet, sind und wirkens schlagen zum Wohle und im Interesse beider Bereiche Brücken. Solches Tun verdient zweifellos die besondere Beachtung des Ministeriums, zu dessen Aufgabe die Betreuung und Förderung der geistigen Anliegen gehört. Es ist mir daher auch ein Bedürfnis, den Verlegern, diesen erfolgreichen Brückenbauern zwischen den beiden Lebensbereichen, anläßlich ihres Wiener Kongresses herzliche
Der Tag, an dem in der Budgetdebatte d Kapitel Unterricht, Kunst, Bundestheater zur Sprache kommen, ist der einzige Tag im Jahr, an dem im Haus gründlich und ausführlich über Kulturpolitik gesprochen wird. Von der Ministerbank aus betrachtet, sieht das etwa so aus: Dreißig Abgeordnete sind im Durchschnitt im Nationalratssitzungssaal anwesend. Mehr als zwei Drittel von ihnen ergreifen in der zehnstündigen Debatte selbst das Wort. Es sind die parlamentarischen Experten für Kulturpolitik, die reden und sich gegenseitig zuhören. Unter ihnen sind die Veteranen der Kämpfe um das Schulgesetz,
Das Haus Schwarzenberg steht an der Spitze der altösterreichischen Adelsfamilien, die trotz allen Umwälzungen der letzten vierzig Jahre und ungeachtet schwerer materieller Einbußen unerschüttert geblieben sind im Bewußtsein der großen kulturellen und sozialen Verpflichtungen, die ihnen das Erbe der Väter auferlegt. Was diese Treue zu einer wahrhaft adeligen Tradition zuwege bringen kann, dafür erbringt die Wiederherstellung des schwer kriegsbeschädig ten Palais Schwarzenberg ein grandioses Zeugnis. Bundesminister Dr. Drimmel nahm die Feier der Wiedereröffnung des Palais zum Anlaß einer bedeutsamen Rede, die wir vollinhaltlich wiedergeben. Die „Furche“
Wenn von Kulturpropaganda die Rede ist, so ist es in erster Linie eine Sache des Geistes, über die gesprochen wird. Es wird also auch richtig sein, Art und Form der Kulturpropaganda den Wesenszügen des Geistes gemäß zu gestalten. Welches sind nun diese Wesenszüge? Es sind zwei sehr entgegengesetzte und sich doch in höherer Einheit vereinende: Abgrenzung und Aufnahmebereitschaft. Man darf dabei vielleicht auch noch dies sagen: Abgrenzung ist eine Sache der Vernunft, die nach Form und Haltung verlangt, Aufnahmebereitschaft, Sache des aus dem Herzen kommenden Willens, der immer mehr
Der Cartellverband der katholischen österreichischen Studentenverbindungen (CV) hat dieser Tage der Öffentlichkeit sein Weißbuch übergeben. Er bezeichnet dieses Weißbuch zunächst als die Dokumentation jener großen Lüge, die Gegner des CV und seiner Prinzipien in Umlauf gesetzt haben, um den gegen den CV gerichteten Vernichtungsabsichten und Machtansprüchen einen Schein der Berechtigung zu verleihen.Die politische Publizistik hat verständlicherweise ihr Interesse auf diesen ersten, charakteristischen Teil des Weiß-buches konzentriert; auf die erstmalige zusammenfassende Schilderung