Gewiß, der Klerikalismus einer vergangenen Epoche - Johannes XXIII. sagt zu allen, Christen und Nichtchristen, "ich bin Joseph, euer Bruder“ - schärfte den Christen ein, daß sie nichts als "hörende“, gehorchende Kirche seien und brachte dadurch die Kirche um jene dringend notwendige Levée en masse, um die Mobilisierung jedes einzelnen für die Mission des Ganzen. Schon die Kirche der Gegenwart bedeutet das Ende einer kirchlichen Zwei-Klassen-Gesellschaft mit ihren Ängsten und Ressentiments von beiden Seiten. Alle "Ämter“ Christi selbst sind durch die Taufe, das Eingetauchtwerden
Gegen die Lüge von der "heilen Welt".Otto Mauer hat auch in der Furche publiziert. Diese über die Jahre verstreuten Beiträgen spiegeln ebenfalls die Gedankenwelt und Wortgewalt Mauers wider: 1949 schon brach er eine Lanze für theologische Bildung der Laien, die dem - damals freilich noch durch die Kriegsereignisse bedingten - Priestermangel ihr Engagement entgegensetzen sollten. Prophetisch auch Otto Mauers Aufsatz "Soll die Kirche sich ,anpassen'", in dem er am Anfang jenes Jahres 1962, in dem auch das II. Vatikanum begann, schrieb: "Jede Dogmatisierung veralteter Weltbilder führt zum
Das 18. Kunstgespräch der Galerie nächst St. Stephan beschäftigte sich mit der vor allem durch die documenta 5 angeheizten Fragestellung „Realismus und Realität“. Außerdem gibt es in der BRD und in den USA eine starke Tendenz des Neorealismus und Neoverismus. So stellen sich etwa folgende Fragen:
Laut Angabe des Statistischen Zentralamtes haben in den Jahren 1958 bis 1968 nicht weniger als 16.000 katholische Cliristen die Kirche verlassen. Diese Austrittsbewegung, verläuft in fast ständiger Progression (1958: 8360, 1959: 8473, 1960: 9113, 1961: 9642, 1962: 9831, 1963: 10.558, 1964: 10.191, 1965: 10.551, 1966: 11.179, 1967: 12.072, 1968: 16.110). Welches sind die wahrscheinlichen Gründe für diese Kirchenflucht, die sich in einer Zeit vollzieht, in der weder eine äußere Bedrückung der Kirche in Österreich vorhanden ist, noch organisierte Gegengruppen politischer oder reliigiöser Natur eine Kirchenaustrittspropaganda betreiben? Außerdem exisitieren keine strukturellen sozialen Notstände, die man der Kirche anlasten könnte. Die politischen Parteien verhalten sich gegenüber der Kirche wohlwc^llend neutral. Vielleicht sind folgende Gründe für die Kirchenaustritte maßgdblich:
Diese Galerie, die vor zwölf Jahren — nicht ganz zufällig — mit einer Ausstellung von Herbert Boeckl, und zwar mit seinen aus Spanien mitgebrachten Aquarellen und dem einen Ölbild der kleinen Therese von Lisieux, begonnen wurde, hat immer die Meinung dokumentiert, daß Kunst mehr als ein Amüsement und eine Dekoration des Lebens ist. Ich habe die Kunst immer in eine Reihe mit den großen geistigen Leistungen, den denkerischen Leistungen des Menschen gestellt. Und im Gegensatz zur Meinung Hegels, der die Kunst und die Religion eine Etage tiefer als die Philosophie placierte, und der
Allgemein teilt man die Kirche in drei „Stände“: Kleriker, Religiösen, Laden. Das sagt allerdings sehr wenig ober die Laien aus; sie erhalten weder eine juristische Position in der Kirche (nur das Recht, Sakramente zu verlangen) noch werden sie positiv beschrieben; sie sind weder Kleriker noch Religiösen. Gewiß beziehen sich Ehe- und Patronats--recht faktisch auf Laien (da die Kleriker zum Zölibat verpflichtet sind), aber von positiven Funktionen der Laien in , Gemeinde, Diözese, Gesamtkirche und im Dienst der Kirche an der Welt ist keine Rede. So wird im wesentlichen und im .Grund
Im nächsten Jahrzehnt werden in Österreich diözesane Synoden stattfinden, die das Konzil applizieren, konkretisieren, ergänzen, konsequent weiterdenken, kurz den religiösen Raum realisieren sollen.Das Noch-Nicht der österreichischen Bischofskonferenz gegenüber einer „Nationalsynode“ oder einem äquivalenten Vorgang muß nicht als letzter negativer Entscheid aufgefaßt werden; die Einrichtung einer gesamtösterreichischen „Studienkommission“ für postkonziliare Fragen (Vorsitz Bischof SchoisWohl) kann als Beleg dafür dienen. Den Diözesansynoden vorgehende, in sie einfließende
Das größte Konzil der Kirchengeschichte und sicher nicht ihr bedeutungslosestes ist zu Ende. Es hat wichtige Dekrete verfaßt und Vorsorge dafür getroffen, daß sie realisiert werden. Auch das Papsttum hat den Willen zur Fortsetzung, der konziliaren Tendenzen bekundet; man braucht nicht zu fürchten, daß es ein spektakuläres Ereignis ohne Folgen war, eine emotionale und verbale Angelegenheit, gut für Publizisten und den Ruf der Kirche bei den Außenstehenden.Das Konzil hat im Verlauf seiner Arbeiten seine Materien reduziert und gerade dadurch seine Erfolge vergrößert; fast keines der
Eine lange Periode der Kirche geht mit diesem Konzil zu Ende; es werden nicht immer die formulierten, feierlich beschlossenen und promulgierten Texte sein, die das Wesentliche deutlich und klar enthalten. Vieles Wertvolle, Entscheidende liegt in seiner Atmosphäre, in den kühnsten Diskussionsbeiträgen, in den Arbeiten der Kommissionen, die nicht in die breite Öffentlichkeit gelangen, in Theologenvorträgen und -aufsätzen rund um das eigentliche Konzil. Die offiziellen Texte der III. Session — die „Dogmatische Konstitution über die Kirche”, das „Dekret über den Ökumenismus” und
Prälat Karl Raphael Dorr, Dompfarrer von St. Stephan und Kanonikus der Erzdiözese Wien, ist am 5. März 1964 unerwartet gestorben; sein Tod hinterläßt eine kaum zu schließende Lücke; ein Beispiel dafür, daß auch und gerade in der Kirche Charismen des einzelnen eine Rolle spielen und Institution nicht Persönlichkeit zu ersetzen vermag.Dorr entstammte einer Familie von Lehrern und bezog von dort her sein pädagogisches Talent. Er studierte in Münster in Westfalen bei Donders, dem gefeierten Domprediger und Homiletiker, die Kunst der Predigt, die er mit wissenschaftlichem Eifer und mit
Die Notwendigkeit einer Kirchenreform zu leugnen kommt einet Häresie gleich (allerdings einei „Rechtshäresie“ — und solche werden von der Hierarchie seltener verfolgt). Aber bevor wir diese These zu belegen versuchen, gilt es, psychologisch zu erklären, warum die Idee der Kirchenreform als überflüssig, ja als anrüchig und gefährlich empfunden wird.Zunächst gibt es an jedem etablierten Kirchenzustand Interessenten, die eine Zustandsänderung für höchst unwünschenswert halten (die Lebensführung der Kurie in Renaissancezeiten war nicht immer darnach angetan, die Reform in capite
Papist Johannes XXIII., der von vielen als ,.Übergangspapst“, das heißt als interimistische Lösung angesehen wurde, ist tatsächlich zum Übergang der Kirche in ein neues Zeitalter geworden. Die Einberufung des Zweiten Vatikanischen Konzils unter dem Vorzeichen des „aggiornamento“ der Kirche an ihre geänderte Situation in einer sich ständig wandelnden Welt war das Symbol seiner Inspiration. Noch können die Ergebnisse seines Pontifikates nicht abgeschätzt werden, aber dessen Tendenzen sind unverkennbar. Der Papst, konservativer Bauer von Abstammung, ist ungehemmt von theologischen
Das Christentum stammt aus der Großstadt; die Urgemeinde wuchs in Jerusalem, wo die Geistherabkunft stattfand; dort hielt auch Petrus die £rste christliche Predigt über den Gekreuzigten, den Gott auferweckt und zum Herrn und Messias gemacht hat (Apg 2, 14—36). Paulus missionierte die Metropolen der hellenistischen Welt, aus der er selbst stammte (Tarsos in Kilikien). Als großstädtischer Intellektueller wurde er zum ersten Theologen, dessen Interpretation der Heilsfakten der ersten Kirche elementare Richtungen wies (Lösung von der Thora und damit aus der Umklammerung des Judentums,
Anläßlich des Vatikanums II taucht eine Frage im Gesichtskreis der Katholiken auf, die nie verstummt war, die nach der Anpassung der Kirche an die von ihr zu missionierende Umwelt. Da das Evangelium keine Gewaltanwendung erlaubt, ist die Kirche auf Methoden der Werbung angewiesen. Diese Methoden können weder die der östlichen Gehirnwäsche noch die raffinierter tiefenpsychologischer Wirtschaftswerbung sein. Sie zielen im Grunde darauf hin, dem Angeredeten die Übereinstimmung des Evangeliums mit seinem eigenen und innersten Wesen in das Bewußtsein zu rücken.Pastorale und missionarische
T\ie Evangelisten berichten nichts darüber, warum Thomas an der Tatsache der Auferstehung zweifelte. Gerade er, der Tapferste unter den Aposteln. „Gehen wir mit Ihm, um mit Ihm zu sterben“, sagte er, als Christus aus der Sicherheit Transjordaniens nach Judäa aufbrechen will, um Seinen Freund Lazarus aus dem Grab zu rufen. Thomas hat nicht wie Judas verraten, nicht wie Petrus geleugnet, Christus zu kennen. Thomas war sicher einer von jenen, die im Oelgarten Gethsemane für Jesus das Schwert zogen. Gewiß — er flüchtete wie alle anderen, und unter dem Kreuz war er nicht zu finden. Aber
„Domine, Dilexi decorem domus tuae“ (Herr, ich liebe die Pracht Deines Hauses"), sagt der Psalm, und der Vers bezieht sich auf die Schönheit des salomonischen Tempels; gerade dieser Vers ist zum Streitpunkt in der Weltkirche von heute geworden, da sich Reaktionäre und Avantgardisten gleicherweise auf ihn berufen; die ersteren nehmen erregt gegen Modernismen und „Entartungen“ Stellung (wobei sich ihre Argumente von denen der Diktaturen nicht immer in allen Punkten unterscheiden), die anderen sehen Schönheit in dem, was zeitgenössisch und was Kunst ist (ein Unterschied von allen
Die Karwoche ist das Zentrum des Kirchenjahres, in ihr werden die Herzgeheimnisse unseres Glaubens liturgisch gefeiert, die Tatsache unserer Erlösung im Tod und in der Auferstehung unseres Herrn. Die kultische Gegenwärtigsetzung überantwortet die Christen dem Schicksal ihres Meisters: sie sind dazu verhalten, das mystisch Erlebte in den Ernst eines ethischen Vollzuges umzusetzen. Dem christlichen Kult kommt instrumentale und mediale Bedeutung zu: durch ihn allein können wir mit unserem „Hohenpriester nach der Ordnung des Melchisedech“ in Heilskontakt bleiben und an seinem Leben Anteil
Die Kirche hütet das Evangelium von der Menschwerdung Gottes und in ihm das Geheimnis unserer Natur. Die Kirche verkündigt in ihrem Weihnachtsevangelium „allem Fleisch“ den Ruhm des rettenden Gottes, sie verkündet aber zugleich die Würde der geretteten Menschen.
Der Prozeß Jesu vor Kaiphas und seinem Synedrium, vor Pontius Pilatus, dem Repräsentanten des römischen Imperiums, ging letal aus. Von oben gesehen, ist alles göttlicher Ratschluß; aber von unten gesehen, erhebt sich die Frage, ob das so sein mußte. Gewiß nicht im Sinne eines marionettenhaften Geschichtsablaufes, bei dem die menschlichen Handlungen nichts anderes als die mechanischen Ausführungsbewegungen eines göttlichen Vorher-bestimmungsimpulses wären; denn das Drama der Weltgeschichte und des Einzellebens wäre entwürdigt und aufgelöst, wenn die Freiheit der geistigen Kreatur
Die Skepsis an unserer von globalen Kriegen, sozialen Revolutionen und kulturellen Dauerkrisen e :schütterten Zivilisation ist unaufhaltsam im Wadisen begriffen. Das anfängliche Mißbehagen wich einem Gefühl fundamentaler Bedrohtheit, ja einer Daseinsangst, die in literarischen und politischen Verzweiflungsakten ihren Ausbruch findet. Existentialistischer Lebensekel und surrealistischer Nonsens im Westen und totale diamaterialistische Diktatur im Osten sind nur die beiden Seiten derselben Münze. Bertrand Russells freidenkerisches Gewitzel (uns jüngst in Laskis „Monat“ vorgesetzt)