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Diözese-Strategie in der Pastoral

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Im nächsten Jahrzehnt werden in Österreich diözesane Synoden stattfinden, die das Konzil applizieren, konkretisieren, ergänzen, konsequent weiterdenken, kurz den religiösen Raum realisieren sollen.

Das Noch-Nicht der österreichischen Bischofskonferenz gegenüber einer „Nationalsynode“ oder einem äquivalenten Vorgang muß nicht als letzter negativer Entscheid aufgefaßt werden; die Einrichtung einer gesamtösterreichischen „Studienkommission“ für postkonziliare Fragen (Vorsitz Bischof SchoisWohl) kann als Beleg dafür dienen. Den Diözesansynoden vorgehende, in sie einfließende oder nachträglich zusammenfassende Arbeit auf ge- samtösterreicbischer Ebene wird jedenfalls unerläßlich sein, wenn sich nicht ein heilloser diözesaner Partikularismus ergeben soll; er würde der Mentalität und den Tendenzen des Konzils wenig entsprechen und einen Rückschritt gegenüber der Entwicklung der österreichischen Kirche seit 1945 darstellen (abgesehen davon, daß viele Arbeiten vielfach geleistet werden müßten und viele Probleme auf diözesaner Ebene gar nicht ausreichend betrachtet und gelöst werden können).

Synoden konkretisieren das Konzil

Synoden sind parallel zum Konzil Vorgänge, in denen sich das Volk Gottes als Geistesgemeinschaft erfährt und dem einzelnen Christen seine funktionale Bedeutsamkeit für das Ganze des Leibes Christi zum Bewußtsein kommt. Möge die dem CIC vorschwebende reine Klerussynode in Anachronismus sein, nichts hindert (ausgiebiger als das im Konzil der Fall war), Laien in den Vorarbeiten zur plenaren Synode heranzuziehen und so das System der kirchlichen Zweiklassengesellschaft zu sprengen.

Diagnose am Anfang

Hie und da zeigt sich die Neigung, die Kirchenversammlung als einen Endpunkt aufzufassen und mit der Applikation ihrer Ergebnisse die Periode der Diskussion als abgeschlossen zu betrachten; das Konzil war aber nur eine Phase und die Initiation weiterer Entwicklungen. Dem müssen die partikularen Synoden Rechnung tragen. Nicht immer wird der Fluß kirchlicher Entwicklung so rasant verlaufen wie in den Jahren seit dem Beginn des Konzils. Es darf jedoch nicht vergessen werden, daß der Nachholbedarf groß ist, daß dammbruchartige Vorgänge nur einem jahrhundertelangen Aufstau zu verdanken sind und unsere Zeit auch auf anderen Gebieten ein beschleunigteres Tempo besitzt als vergangene Jahrtausende menschlicher Geschichte. Es gibt Fragen, die das Konzil nur gestreift oder nur prinzipiell behandelt hat (etwa: Kirche und Kultur, und Zivilisation unserer Zeit) oder gar nicht behandelte (wie etwa die meisten dogmatischen Probleme, die seither diskutiert werden: Erbsünde, Eucharistieverständnis, Auferstehung, Stellvertretung, Jungfrauengeburt, Fegefeuer, Weltgeschichte und Heils geschachte, Weltvollendungslehre, rationale Begründung des Gottesglaubens usw.).

Viele von diesen Fragen werden nicht und können kaum Gegenstand partikulärer Synoden sein; anderseits wären diese Probleme in einer Konkretheit ins Auge zu fassen, die eine ökumenische Synode auf Grund ihres Welthorizontes nicht behandeln kann (alle Fragen situationsbedingter Natur); außerdem werden Teilsynoden Modelle erstellen können, die für die Gesamtkirche von Interesse sein können (Realisierung des Diakonates, Liturgiefeier mit neuen Elementen, Reform des Theologiestudiums usw.). Nichts darf verschwiegen, nichts soll tabuisiert werden, sofern die Probleme echt und dringlich sind (zum Beispiel die theoretische und praktische Krise des Priestertums); ebenso wichtig ist allerdings, aus dem Katalog sogar des Dringlichen und Wichtigen eine Auswahl zu treffen. Synoden, die alles behandeln wollen, werden nichts leisten. Die zu studierenden Materien können erst nach einer Erhebung der innerkirchlichen und der gesellschaftlichen Situation ausgewählt werden. Konkrete Lösungen erfordern eine rückhaltlose, ungeschminkte Diagnose; das hat mit Defätismus oder Pessimismus nichts zu tun. Diagnose ist Selbstkritik.

Es handelt sich dabei nicht nur und gar nicht primär um den status ecclesiae in moralischer Hinsicht, vielmehr um das ganze überkommene, gewohnte System unserer gemeindlichen Verfaßtheit, unserer Liturgiefeier, unserer apostolischen Methoden, unsere Verkündigung und so weiter.

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