6763352-1968_24_05.jpg
Digital In Arbeit

Gewerkschaften preschten vor

Werbung
Werbung
Werbung

Im Beirat für Wirtschafts- und Sozialfragen saßen beide Seiten schließlich beisammen, um die Ansichten zu den verschiedenen Problemen gemeinsam zu formulieren. Dies gelang natürlich nicht in allen Punkten auf Anhieb. Schließlich entschloß man sich, die als gemeinsam anerkannten Anliegen zu publizieren, und so erschien im Jahre 1966 ein blaues Bändchen mit dem Titel „Vorschläge zur Koordinierung und Stabilisierung in der Bauwirtschaft“. Indessen genügte dies der Gewerkschaft für Bau- und Holzarbeiter nicht. Sie entschloß sich daher zu einem Alleingang und edierte eine gelbe Broschüre, „Neuordnung der Bauwirtschaft“, die über den vereinbarten Rahmen hinaus den Standpunkt der Arbeitnehmervertretung zum Inhalt hatte. Dieser Schritt löste auf der anderen Seite Verstimmung aus.

Die Bombe wird entschärft

Man war schließlich wegen dieses Zündstoffes nahe daran, die Sache, um die es letztlich ging, zu vergessen. Bi dieser Situation griff nun Bautenminister Dr. Kotzina in das Geschehen ein. Für Anfang März vergangenen Jahres flatterte nämlich allen an diesen Fragen interessierten Institutionen eine Einladung des Ministers zu einer Bauenquete ins Haus, die den Zweck hatte, in die Problematik der Koordinierung in der Bauwirtschaft einzuführen. Prominentester Gast dieser äußerst konstruktiven Veranstaltung war Rechnungshofpräsident Dr. Kandutsch.

Bei dieser Veranstaltung saßen die Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter praktisch erstmals mit jenen Leuten offiziell am runden Tisch, die die entwickelten Vorstellungen auch in die Tat umzusetzen imstande sind.

Das konkrete Ergebnis dieser Bauenquete war die Gründung eines Beirates für Bauwirtschaft, zu der es einen Monat später kam. Dieser neuen Einrichtung fiel die Aufgabe zu, Bautenminister Dr. Kotzina in den Fragen der Baukoordinierung, der Stabilisierung in der Bauwirtschaft, dem bäuwirtschaftlichen Vergabewesen und in vielen anderen entscheidenden Fragen zu beraten.

Phantastische Arbeitserfolge

War zuvor um die angestrebte Neuordnung in der Bauwirtschaft jahrelang eher fruchtlos und theoretisch diskutiert worden, so konnte dieses neugeschaffene Gremium allen pessimistischen Vorhersagen zum Trotz verblüffend gute Arbeitserfolge erzielen. Um die mangelnde Übersicht im österreichischen Bauwesen zu beseitigen, nahm man zunächst die Arbeiten an einer Bauwirtschaftsstatistik auf. Die erforderlichen Erhebungsbögen wurden geschaffen und von allen Beteiligten angenommen, obwohl dies für die Bauwirtschaft eine zusätzliche Arbeitsbelastung im administrativen Bereich bewirkt. Die Erhebungen, die mit Hilfe dieses Formulares gepflogen werden sollen, sind inzwischen schon angelaufen. Die Ausarbeitung eines Terminplanes war der nächste Schritt, den der Beirat für Bauwirtschaft unternahm. Dieser Terminplan besteht aus Phasendiagrammen für jede Sparte des Bauwesens, in denen die einzelnen Zyklen der verschiedenen Arbeitsvorgänge zeitlich exakt fixiert sind. Mit Hilfe des Terminplanes sollen nun die Ausschreibungen und Vergaben diesem natürlichen Rhythmus angepaßt werden, womit man hofft, das gefürchtete Wechselspiel von Auftragsballungen und Auftragsengpässen weitgehend ausschalten zu können.

Rasch geschaltet

Auf dem Weg zur Umsetzung dieser theoretischen Erkenntnisse in die

Praxis hat nun das Bautenministe- rium erfreulich rasch geschaltet. Vor wenigen Wochen unterbreitete Bautenminister Dr. Kotzina den Terminplan seinen Ministerkollegen in einem eigenen Ministerratsvortrag. Das Ergebnis war, daß dieser Terminplan zunächst für die Bauvorhaben des Bundes als verbindlich erklärt wurde. Gleichzeitig erging an die Länder und Großgemeinden die Empfehlung, gleichlautende Anweisungen auch für den eigenen Bereich zu treffen.

Damit sind sehr entscheidende Weichen zur Neuordnung des österreichischen Bauwesens gestellt worden. Fachleute rechnen nämlich mit Bestimmtheit damit, daß durch diese

Regelung wesentlich wirtschaftlicher gebaut weiden wird. Die sich nun anbahhenden Veränderungen in der Bauwirtschaft dürften nicht ohne Auswirkung auf die übrige Volkswirtschaft bleiben. Österreichs Bauwirtschaft kommt nämlich mit einer Wertschöpfung von mehr als 11 Prozent des Bruttonationalproduktes eindeutig eine volkswirtschaftliche Schlüsselstellung zu.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung