6833267-1974_50_24.jpg
Digital In Arbeit

Oberösterreichs Wirtschaftslage

Werbung
Werbung
Werbung

Jahreswechsel ist immer ein Anstoß, Rückblick und Ausbldck zu halten, auch auf wirtschaftlichem Gebiet, auch in Oberösterreich. Diesmal ergibt sich dabei vielleicht stärker als sonst der Eindruck, daß Weichenstellungen von größerer Tragweite bevorstehen. Hatte doch die Wirtschaft in den letzten Jahren eine Periode wachsender Verunsicherung und steigender Erschwernisse zu ūberstehen. Eine verfehlte Wirtschaftspolitik, die nicht nur die Inflationsspirale immer stärker in Schwung brachte, sondern auch darauf abzielte, immer mehr Macht durch anonyme Apparate ausüben zu lassen, hatte die Verantwortlichen der Wirtschaft mit Sorge und Unsicherheit erfüllt

Bei Konjunkturgesprächen, die kürzlich in der Handelskammer Oberösterredch durchgeführt wurden, wiesen die Vertreter aller ins Gewicht fallenden Wirtschaftszweige dieses Bundeslandes vor allem auf den außerordentlich hohen Kostendruck hin, der den, Betrieben schwer zu schaffen macht. Vielfach steigende Rohstoffpreise, überaus große Energiekoßten und Lohnerhöhungen, die noch durch die Auswirkungen der 40-Stunden-Wo- che und verschiedener erst jetzt voll wirksam werdender Sozialgesetze verstärkt werden, lassen erwarten, daß die inflatorische Entwicklung auch weiterhin das Zentralproblem der Wirtschaftspolitik sein wird. In allen Branchen wird mit Lohnkostensteigerungen von 20 bis 25 Prozent gerechnet. Erstmals werden auch seitens dar Wirtschaft gezielte Bemühungen um die Erhaltung der Vollbeschäftigung zu setzen sein, was in den letzten Jahren nie notwendig war.

Aufträge differenziert

Die Auftragslage in den einzelnen Branchen der Öberösterreichischen Wirtschaft ist unterschiedlich. Die eisen- und metallerzeugende Industrie, die Stahlbaubetriebe, die papierverarbeitende Industrie sowie die Kunststoff- und die Chemische Industrie bezeichneten die Auftragslage beispielsweise als gut. Uber Schwierigkeiten klagte die Elektroindustrie; besonders aber wurde die Auftragslage in der Bauwirtschaft, in der Leder- und Textilindustrie als schlecht bezeichnet. Wenn auch in einigen Branchen noch ein Ausweichen in den Export möglich ist, macht sich auch dort der Konkur- renzdruok anderer Exportländer mit niedrigerem Lohnniveau unangenehm bemerkbar.

Auch bei der Investitionsentwicklung ist eine Dämpfung ZJU erwarten. Grundsätzlich wird das Schwergewicht dabei auf Ra-tionalisiierungs- maßnahmen zu legen sein, da nur dadurch eine Senkung der Personalkosten möglich wird. In der Metallerzeugung und in der Chemischen Industrie ist auch mit anderen Investitionen zu rechnen. Die Pharmazeutische Industrie, die noch keine größeren Schwierigkeiten in der Auftragslage hat, beurteilt dennoch die Investitionstätigkeit sehr vorsichtig.

Bleibt Beschäftigungshöchststand?

Derzeit weist Oberösterreich noch einen Höchststand an Beschäftigten — über 420.000 — auf, es ist allerdings nicht nur in der Bauwirtschaft fraglich, ob er gehalten werden kann. Unter dem steigenden Kosten- diruck ist mit Ausnahme der Eisen- und Metallindustrie und der Chemischen Industrie fast überall mit stagnierenden Personalständen, ja sogar mit Personaleinsparungen zu rechnen. Vor allem werden viele Betriebe in nächster Zeit freiwerdende Posten nicht mehr neu besetzen.

Während in den vergangenen Jahren die Arbeiitskräfteknappbeit, Unsicherheiten im Zusammenhang mit der Einführung der Mehrwertsteuer und 1973 die steigenden Rohstoffpreise, die Energiekrise und die Kreditrestriktionen dieHauptschwie- rigkeiten darstellten, bildete 1974 der Preisauftrieb das größte Problem. Für 1975 rechnet die Wirtschaft mit einer allgemeinen Dämpfung des Wachstums unter verstärktem Ko- stendruck.

Mit großer Besorgnis verfolgt die Wirtschaftsvertretung auch die permanenten Versuche zur Aushöhlung des bisher so wirksamen Instruments der Paritätischen Kommission, die auf der Basis der Freiwilligkeit und der Wülensübereinstimmung der Sozialpartner durchaus befriedigend funktionierte.

Handelskammer-Aktivitäten

Es muß betont werden, daß es gerade die Handelskammer Oberöster- reich war, die Initiativen ergriff, um diesen Gefahren für die Stabilität und die freie Marktwirtschaft zu begegnen. Bereits die Vollversammlung im November 1971 beispielsweise — damals betrug die Teuerungsrate erst 5,1 Prozent — verlangte energische Maßnahmen zur Stabilisierung.

Service für die Wirtschaft

Um deutlich zu machen, in welchem Umfang die praktische Betreuung und Förderung der Mitglieder bei der Aufgabenstellung der Kammerorganisation im Vordergrund steht, kann darauf verwiesen werden, daß die Öberösterreichische Handelskammer in der Zeit von 1970 his 1974 bei einem Gesamtbudgetrahmen von 601,5 Müll. S für das Gebiet „Wirtschaftsförderung“ nicht weniger als 319 Mill. S eingesetzt hat.

Speziell den Ausbau des Bezirksstellennetzes hat sich die Öberösterreichische Wirtschafts Vertretung angelegen sein lassen, und dafür in den letzten zehn Jahren mehr als 100 Mill. S aufgewendet, hievon allein zwischen 1970 und 1974 58,6 Mill. Schilling.

Auch der Ausbau des Wirtsehafts- förderungsinstituts durch die Angliederung eines Intennatsigebäudes, an dem bereits gearbeitet wird, ist in diesem Zusammenhang zu erwähnen. Das neue Internat soll für jeweils 136 auswärtige Kursteilnehmer modernste Unterkünfte bieten.

Wirtschaftsförderungsinstitut

Das Wirtschaftsförderungsinstitut hat seine Tätigkeit weiter intensiviert. Konnten 1970 bei 1186 Kursen 23.000 Teilnehmer registriert werden, waren es 1973 bereits 28.500 Personen, welche die 1355 Kurse besuchten, die im genannten Jahr auf dem Programm standen. Diese Aufwärtstendenz hält auch im laufenden Jahr an. Betriebsberatungen und die Förderung der Beschickung von Auslandsausstellungen durch heimische Firmen — besonders auf der Internationalen Handwerksmesse München — vervollständigen die reiche Palette des WIFI-Services.

Konzeptarbeit

Auch um eine harmonische Entwicklung aller Wirtschaftszweige zu erreichen, hat die Öberösterreichische Handelskammer verschiedene Initiativen gesetzt und sich an Projekten der Landesregierung beteiliegt. So gab die Kammer beim österreichischen Institut für Raumplanung ein „Fremdenverkehrskonzept“ in Auftrag, das im Jänner 1973 der Öffentlichkeit vorgestellt werden konnte.

In allen Bezirken wurden regionale und örtliche Arbeitskreise gebildet, welche sich mit der Untersuchung der Wirtschaftsstruktur und der Ausarbeitung von Regianalpro- gramimen befassen, wobei die Kammer Konzepte aufstellte, die über die Landesgrenzen hinausgreifen und in Zusammenarbeit mit anderen Lan- deskammem die Probleme besonders förderungswürdiger Regionen zu lösen bemüht sind. Ein im Juni 1974 beschlossenes Aktionsprogramm, das laufend überprüft und den sich ändernden Gegebenheiten angepaßt wird, wurde bereits weitgehend verwirklicht.

Für die Zukunft

Die Wirtschafts Vertretung Oberösterreichs wird auch im Zukunft alle Kräfte einsetzen, um den Anforderungen der Zeit und den auf sie zukommenden Aufgaben gerecht zu werden; sie wird dabei bestrebt sein, Lösungen im Sinne einer freien Wirtschaftsordnung zu finden, die der persönlichen Entfaltung angemessenen Spielraum läßt und letztlich Wohlstand und Fortschritt für alle garantiert.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung