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Salzburg und Schönbrunn gehören zum Weltkulturerbe

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Das goldene Kuppelkreuz schwebt in Watte wohl verpackt und vom Spengler liebevoll betreut an einem Seilzug die Dom-Fassade hinauf. Weihbischof, Domherren und Journalisten erklimmen steile Stiegen und senkrechte Leitern, handeln sich entlang schwankender Stege hinauf auf die Höhe der „Laterne“: Das Kuppelkreuz, im Rahmen der Domrenovierung frisch vergoldet, soll wiederaufgerichtet werden. Nur eine schwache Illusion von Sicherheit vermittelt das Staubnetz - doch für den Nervenkitzel entschädigt ein einzigartiger Blick auf ein Stück Weltkulturerbe: die Altstadt von Salzburg.

Eine Woche lang habe der Sachverständige aus Belgien die Altstadt unter die Lupe genommen, den Erhaltungszustand der historischen Gemäuer von Innen und von Außen untersucht sowie Benovierungs- oder Bausünden gesucht. „Die Staatsbrücke hat ihm nicht gefallen“, erzählt Raimund Ahr vom Altstadtamt. Dennoch wurde der gesamte historische Stadtkern von Salzburg zwischen Kapuziner- und Mönchsberg von der UNESCO zum „Weltkulturerbe“ erklärt. Zusammen mit dem Schloß Schönbrunn und der Semmeringbahn habe das Bundesdenkmalamt die Salzburger Altstadt der für Kultur zuständigen Organisation der Vereinten Nationen zur Begutachtung vorgeschlagen. Letztere sei „ohne jede Diskussion“ bei den UNESCO-Tagungen in Paris und Mexiko angenommen worden.

Mit zusätzlichem Geld sei, so Ahr, die Aufnahme in die Besten-Liste nicht verbunden: „Nur weil wir Weltkulturerbe geworden sind, wird der Landeskonservator nicht zwei Dienstposten mehr bekommen.“ - was Landeskonservator Walter Schlegel bestätigt: „Es ist vor allem eine Ehre. Es ist aber auch eine Bestätigung dafür, daß wir mit unserem Altstadterhaltungsgesetz auf dem richtigen Weg sind. Für unsere Arbeit ist diese Ernennung nicht unwichtig: Sollte irgendwann einmal eine „Sünde“ geplant werden, können wir auch damit argumentieren, daß wir womöglich aus der Liste gestrichen werden.“ Die UNESCO habe zwar keinerlei juristische Gewalt über die von ihr ausgezeichneten „Kandidaten“. Aber es würden, so Landeskonservator Schlegel, regelmäßige Kontrollen vorgenommen „und die Aberkennung des Schutzes wäre weltweit eine Schande“.

Mehr Vorsicht und Rücksicht im Ungang mit den baulichen Kostbarkeiten werde durch diese Auszeichnung vermutlich erreicht, Geld stehe an letzter Stelle. (Apropos Geld: Allein die Domrenovierung beläuft sich für alle Beteiligten, so Schlegel, auf insgesamt 80 Millionen Schilling. Vergleichsweise günstig kommt dabei mit 150.000 Schilling die eingangs erwähnte Neuvergoldung und Neuaufrichtung des Kuppelkreuzes. Diese Summe entspricht hochgerechnet etwa jenen 110 Dukaten, dieselbige Aktion im Jahre 1628 gekostet hat.)

Auch für Vizebürgermeister und Altstadt-Bessortchef Heinz Schaden (zuständig für den Vollzug des Alt-stadterhaltungs-Gesetzes) ist die Ernennung zum Weltkulturerbe vor allem eine „Bestätigung der Altstadtpolitik ohne materielle Folgen“. Seit dem Jahr 1969 sei die rechtliche Grundlage der Altstadterhaltung immer schärfer geworden. In einer neuen Offensive würden nun auch die an den historischen Kern grenzenden Gründerzeitviertel und einzelne Ensembles in den Randgebieten in den Altstadtschutz einbezogen werden. „Die vorhandene Schutzzone, vor allem aber die strengen rechtlichen Schutzmaßnahmen waren für die UNESCO-Kommission ebenfalls Argumente dafür, die Auszeichnung zu verleihen.“

Eventuelle Fördermittel der UNESCO würden, so Schaden, in ärmere Länder fließen, eher der Altstadt von Havanna als der Altstadt von Salzburg zugute kommen.

Wichtiger als Geld sei aber in diesem Fall die Bewußtseinsbildung. Daß ungefähr zeitgleich mit der Ernennung der Altstadt zum Weltkulturerbe der Kapitelplatz (im Herzen der Altstadt neben dem Dom) als Saison-Parkplatz ausgewiesen wurde, sei, so Schaden, „hoffentlich ein einmaliger Ausrutscher einer hauchdünnen Mehrheit des Gemeinderates“ gewesen. Wie seine Kollgen Ahr und Schlegel meint Schaden: „Alle, die sich dem sorgsamen Umgang mit dem kulturellen Erbe verschrieben haben, können sich in Zukunft auf die UNESCO-Entscheidung berufen.“

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