Aus Celibidaches Archiv

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CD-Empfehlungen: Exemplarische Aufnahmen von Alfred Brendel und Sergiu Celibidache.

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CD-Empfehlungen: Exemplarische Aufnahmen von Alfred Brendel und Sergiu Celibidache.

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Was ihn an der Heiligkeit interessiere, schrieb einst Sergiu Celibidache, "könnte wohl der Größenwahn sein, den sie in Sanftmut verschleiert, der maßlose Appetit, den die Demut verdeckt, das Unbefriedetsein, das die Nächstenliebe tarnt." Wer sich jemals auf ihn einlasse, komme nicht mehr von ihm los, hieß es von dem im August 1996 verstorbenen, aus Rumänien stammenden Dirigenten, dessen Faszination im zu Ende gehenden Jahr man im Kino noch einmal nachempfinden konnte. Aus dem fast unübersehbaren Angebot neuer Musik-CDs wählen wir als wunderschönes Geschenk für jeden Musikfreund die Bruckner-Symphonien Eins bis Vier der "Celibidache Edition" der Deutschen Grammophon Gesellschaft aus, aufgenommen zwischen 1974 und 1976 mit dem Stuttgarter Radio Symphonie Orchester, mit der Aufnahme einer Probe des ersten Satzes mit Celibidache als "Zugabe". Es handelt sich selbstverständlich um Konzertsaal-Aufnahmen, der geniale Exzentriker lehnte Audio-Aufnahmen bis zu seinem Tod unerschütterlich ab. Witwe und Sohn rangen sich dazu durch, seine Archive zur Veröffentlichung freizugeben und den Ertrag einer musikalischen und einer humanitären Stiftung im Sinne des Dirigenten zuzuführen. Aufnahmen, schreibt Serge Ioan Celibidache, bieten "eine völlig andersgeartete Erfahrung", können "das ,wirkliche Konzert' niemals ersetzen", in den Augen seines Vaters sei das Tondokument einfach "nicht Musik" gewesen. Eine wichtige Mahnung. Trotzdem wäre die Musikwelt ohne diese Brahms-Mitschnitte aus dem Konzertsaal ärmer, sie sind ein singuläres Dokument und vermitteln mehr als bloß einen fernen Abglanz des Phänomens Celibidache.

Ein Muß für jeden Musikfreund, eine der schönsten und wichtigsten Neuerscheinungen auf dem CD-Markt sind die Aufnahmen der fünf Beethoven-Klavierkonzerte von Alfred Brendel auf drei CDs, dirigiert von Simon Rattle mit den Wiener Philharmonikern im Musikverein im Dezember 1997 bei Philips. Neben der technischen Perfektion, die in diesem Fall keiner Erwähnung bedarf, kennzeichnet sie eine vorwärtsdrängende Energie, niemals nachlassende emotionale Spannung und die deutliche Gliederung, die "formale Durchsichtigkeit" der Werke. Man will sie immer wieder hören, tagelang.

Sergiu Celibidache mit dem Stuttgarter Radio-Symphonieorchester: Brahms, Symphonien 1 - 4, Probenmitschnitt 1. Satz der 4. Symphonie. Deutsche Grammophon Gesellschaft 1999. Alfred Brendel (Klavier) und Simon Rattle (Dirigent) mit den Wiener Philharmonikern: Beethoven, die fünf Klavierkonzerte. Philips, 1999.

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