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Von Brahms bis Blomdahl

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Vor genau 20 Jahren dirigierte Sergiu Celibidache zum ersten Mal im Großen Musikvereinssaal, und jenes Konzert — sowie einige spätere — sind vielen Musikfreunden unvergeßlich. Damals war der junge Rumäne (Jahrgang 1912) als Nachfolger beziehungsweise Statthalter Furtwänglers, Chefdirigent der Berliner Philharmoniker. Nun kam Celibidache nach langer Pause wieder nach Wien, mit seinem quasi „eigenen Orchester”, dem vor 30 Jahren gegründeten Schwedischen Symphonieorchester, das er oft leitet.

An den Beginn des interessanten Programms im „Internationalen Orchester- und Chorzyklus” stellte er die bereits 1951 beim Frankfurter IGNM- Fest uraufgeführte III. Symphonie des 1968 im Alter von 52 Jahren verstorbenen Karl-Birger Blomdahl, der als Komponist der Weltraumoper „Aniara” bekannt geworden ist. Der Titel „Facetten” für diese Symphonie ist gut gewählt, denn das fünfteilige Werk breitet kaleidoskopartig, in verschiedenen Kombinationen und unter stets wechselnder klanglicher Beleuchtung, das gleiche zwölftönige melodische Material aus. Es geschieht mit Emotion und Phantasie, so daß trotz der Dauer von 25 Minuten nie Langeweile aufkommt (obwohl eine Kürzung um etwa fünf Minuten und das Vermeiden orchestralen Lärms den Gesamteindruck noch verbessern würden). Gleich der Beginn, wenn zwei Flöten, hierauf mehrere Holzbläser, über einem Orgelpunkt der tiefen Streicher eine Art imitatorische Ouvertüre intonieren, Ist sehr reizvoll. Ebenfalls originell ist der Scherzo-Satz, der sich kontrapunktisch verdichtet und in einer virtuosen Jazzpassage kulminiert, in der alle früheren Reihenthemen aufmarschieren; schließlich das zart verklingende Finale, eine variierte Reprise des Anfangs, statt einer effektvollen Schlußapotheose.

Das Schwedische Orchester hat ausgezeichnete Holzbläser und ein überaus schönklingendes und rein intonierendes Blech. Diese Qualitäten kamen sowohl Strawinskys „Feuer- vogel”-Suite von 1919 wie der Ersten von Brahms sehr zugute. Die erstere erschien zuweilen allzusehr klanglich gedämpft, und obwohl man zu fühlen meint, daß Celibidache bei Brahms sehr in seinem Element ist (und obwohl die Dauer dieser Symphonie nur 1 bis 2 Minuten über dem langjährigen Durchschnitt lag), geriet manches ein wenig schleppend. — Viel Applaus, den der Dirigent demonstrativ auf das Orchester und einzelne Spieler lenkte — und mehrere Zugaben.

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