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Vielversprechende Jugend

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In Rossinis zündender „Tancred”-Ouverture zeigte das Orchester des Konservatoriums der Stadt Wien beträchtliche Perfektion und sauberes Zusammenspiel der einzelnen Instrumentengruppen. Es war auch ein dezenter Begleiter bei Beethovens „Ah perfldo”-Arie mit Tamar Rachum als Solisten, deren schöner, gut geschulter Sopran aussichtsreiche Prognosen gestattet. In Schumanns hornseliger „Introduktion und Allegro für Klavier und Orchester” präsentierte sich Anca Pandelea als treffliche Pianistin mit maskulinem Anschlag. Mit Bruckners machtvollem „Te deum” steuerte ein nicht gleichwertiges Solistenquartett — mit einer lobenswerten Sopranistin — dem Chor und dem Orchester der Anstalt den schönsten Teil des Konzertes bei, das in Josef Maria Müller einen überaus sicheren, auf alle Eventualitäten einer Schüleraufführung gefaßten Dirigenten hatte.

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Alban Bergs „Lyrische Suite für Streichquartett” läßt eine in Gefühlsregungen ausgedrückte programmatische Deutung zu, wozu auch die ungewöhnlichen Satzbezeichnungen, wie zum Beispiel „Presto delirando” anregen. Das dodekaphonisch gestaltete Stück stößt im 5. Satz am weitesten in klanglich extremes Neuland vor, das abschließende „Largo desolato” bringt ein Zitat aus „Tristan”. — Nach der Pause wagte sich das im Schubertsaal spielende Alban-Berg-Quartett an Beethovens Opus 130 mit der großen Fuge heran. Das selbst für einen Beethoven einmalig monumentale Werk verlangt von den Ausführenden höchste Reife des Verstehens und ganz große technische Bereitschaft. Diesmal mußte man sich mit einer von anerkennenswerter Bemühung zeigenden Wiedergabe zufriedengeben. P. L. *

Der junge Israeli Itzhak Perlman (27) zählt seit ein paar Jahren zu den größten Ereignissen in der jungen Geigergarde. Seine Wiedergabe des Mendelssohn-Violinkonzerts (op. 64) im „Symphoniker”-Zyklus im Musikverein bestätigte sein hervorragendes Können, seine starke Musikalität, seinen sicheren Geschmack. Er ist Virtuose, und ein vor allem emotionsgesteuerter Künstler; aber er trumpft nie mit seinem technischen Können auf, er spielt es als Selbstverständlichkeit aus. Sein Ton wirkt verhalten-leidenschaftlich, weich, sattgetönt. Perlman versteht es, jede Phrase klanglich voll ausschwingen zu lassen und selbst banale Stellen dieses melodienseligen Werks mit großer Eleganz darzustellen. Schlagender Beweis: die Wiedergabe des Finalsatzes, dessen „Sommernachts-traum”-Atmosphäre er ohne alle Künstlichkeit sehr duftig vorbeihuschen läßt. — Joseph Krips leitete die Symphoniker knapp, sachlich, mit ungewöhnlicher Verve. Schuberts „Neunter” ist das Orchester seit der US-Tournee hörbar nahegekommen; William Waltons „Impressionen über ein Impromptu von Benjamin Britten”, ein Auftragswerk für das San Francisco Symphony Orchestra und dessen Chefdirigenten Krips (Uurauf-führung: 1970), sind ein eher konventionelles Stück mit aparter Instrumentation. Man hätte sich die drei Sätze lockerer gespielt gewünscht. *

Joseph Marx, der am 11. Mai seinen „Neunziger” gefeiert hätte, widmete Christiane Sorrell einen Liederabend im Brahmssaal. Einige seiner überzeugendsten Kompositionen aus den Jahren 1909 bis 1912 („Erinnerung”, „Marienlied”, „Dezember”) und sechs Stücke aus dem „Italienischen Liederbuch” bestätigten, daß da für manchen Sänger noch ein Schatz zu heben ist. Allerdings hatte Frau Sorrell mit manchen dieser weitgespannten, gefühlstiefen Melodiebögen Schwierigkeiten. Ihr Stimmaterial klang überfordert. Erik Werba modellierte die Piecen behutsam.

• In der Kirche St. Ignatius in San Franzisko wurde von Erzbischof Joseph T. McGucken ein Pontiflkalamt zelebriert, bei dem Mozarts Messe in C-Dur aufgeführt wurde. Das Orchester und den Chor dirigierte Professor Joseph Krips, der vor kurzem seinen 70. Geburtstag gefeiert hatte und der durch die Feier dieses Amtes in besonderer Weise geehrt werden sollte. Am Schluß der Messe verlas Erzbischof McGucken den päpstlichen Segen, den der Heilige Vater persönlich an Professor Krips gesandt hatte. Der Geehrte meinte, daß es zum erstenmal geschah, daß in den Vereinigten Staaten eine der großen musikalischen Messen mit ihrer liturgischen Feier verbunden war. Der „San Francisco Examiner” sprach die Überzeugung aus, daß eine solche Meßfeier, auch wenn sie nur ein- oder zweimal im Jahr veranstaltet würde, eine unschätzbare Bereicherung des musikalischen und religiösen Lebens bedeuten könne.

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