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Henry Krips, Madrigalchor

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Im 7. Konzert des Zyklus „Die große Symphonie“ trat ein für Wien neuer Dirigent ans Pult der Symphoniker: Henry Krips, der Bruder des großen Josef Krips. Auf dem Programm stand das 5. Klavierkonzert von Beethoven mit Shura Cherkassky als Solisten und die 4. Symphonie von Gustav Mahler, deren Schlußgesang vom irdischen Himmelreich Agnes Giebel mit vollendeter Anmut vortrug. Wie gut sich Henry Krips gleichsam auf Anhieb mit Solisten und Orchester verstand, war erfrischend zu sehen; mit welcher Sicherheit er den symphonischen Charakter des Klavierkonzerts Interpretierte, erwies den praktischen Könner, der schon als Zwanzigjähriger als Musikchef eines Theaters wirkte. Fehlt ihm auch der ekstatische Schwung des großen Bruders, wirkt seine natürliche - Gestik und klare Herausarbeitung der dynamischen Gewichte goldrichtig. Nie hörte ich von Cherkassky neben der immer erstaunlichen Kraft und Energie seines Spiels ein solch zartes Pianissimo. Bei Mahler Wieder wurde das Orchester durch seine fast unibekümmerte Ruhe erstaunlich belebt. Der Erinnerungen voll war in der Pause ein Gespräch mit dem Dirigenten, den der Schreiber dieser Zeilen einst in der schwarzen Kunst des Kontrapunkts unterrichtete und der als erstes Ergebnis dieser Unterweisung

— einen Schlager schrieb, mit dem Text: „Ich spiel Harmonika.“ Wer hätte damals gedacht, daß er heute Orchester spielt!

Der Wiener Madrigalchor sang unter seinen Dirigenten Xaver Meyer im Großen Musikvereinssaal die fünf-stimmdge Motette a cappella „Jesu, meine Freude“ von J. S. Bach und das „Dettinger Tedeum“ für Sold, Chor und Orchester von G. F. Händel, bei ersterer unterstützt von der Wiener Goethe-Kantorei, bei letzterem durch ein Kammerorchester der Wiener Philharmoniker. Die Soli sangen Helga Wagner (Alt), Klaus Gerboth (Tenor) und Gerhard Eder (Baß). Am Cembalo begleitete Johann Sonnleitner. Zuvörderst ist die gute Leistung der Solisten zu loben, man bedauerte, daß Helga Wagner und Klaus Gerboth nur kleine Partien hatten. Gerhard Eder konnte sich fülliger ausleben. Aber auch die Bläser sind hier zu den Solisten zu zählen, und sie hatten die schwierigeren Partien, meisterten sie dennoch „spielend“. Zu den Streichern hätte man sich einen oder zwei Kontrabässe mehr gewünscht. Die größten Partien hatte der Chor zu bewältigen. Er sang, hervorragend einstudiert, mit rhythmischer Prägnanz. Klanglich war die Homogenität nicht vollkommen, besonders die Soprane schienen in der Tonhöhe überfordert, was bei Bach nicht zu überhören war.

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