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Der Star und die Jungen

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Als letztes Gastensemble spielte das Schwedische Symphonieorchester im Großen Musikvereinssaal, das wir bereits im September des vergangenen Jahres kennengelernt haben. Es wurde 1939 als Rundfunkorchester gegründet und wird seit 1962 häufig von Sergiu Celibidache geleitet. Diesen temperamentvollen, sehr intellektuellen Rumänen, der nicht nur Dirigent ist, sondern auch Musi-kologe und Mathematiker (in dieser Beziehung, aber nur in dieser mit Ernest Ansermet vergleichbar), haben wir vor 20 Jahren als jungen Wildling auf dem Podium gesehen. Er ist der Typus des eigenwilligen, interessanten und faszinierenden Dirigenten, der jetzt, obwohl erst 58 zählend, zu einer gewissen Altersweisheit gelangt ist. Nach den vielen Beethoven-Konzerten wirkte das von ihm zusammengestellte Programm (das er vor kurzem auch in seiner Heimatstadt Bukarest mit fulminantem Erfolg abrollen ließ) als angenehme Abwechslung. „En Saga“ op. 8 gehört nicht zu Sibelius stärksten Kompositionen und zeigt deutlicher als manche seiner späteren Werke jene für Sibelius so typische Mischung von poetischem Inhalt und ein wenig dilettantischer Kompositionstechnik. Aber Celibidache zelebriert diese symphonische Dichtung, die Bilder aus Finnlands mythischer Vorzeit illustriert, wie das Vorspiel zu „Par-sifal“. Natürlich soll sich ein Dirigent für das, was er aufs Programm gesetzt hat, voll und ganz einsetzen. Aber manche von Mussorgskis „Bilder einer Ausstellung“ in der zeigte das überaus disziplinierte und routinierte schwedische Orchester, was es kann. Es war bemerkenswert. Desgleichen die Applausregie des Dirigenten, der, bevor er sich überhaupt dem Publikum zuwendet, erst einzelne Spieler, dann kleine Gruppen und schließlich das ganze Orchester dem Beifall des Publikums darbietet — und erst ganz zum Schluß auch sich selbst verbeugt. So kam es zu mehreren interessanten Zugaben. ★

Nach Beendigung des fünfteiligen Karajan-Zyklus wurden, mit den Wiener Symphonikern, vier Preisträger des Dirigentenwettbewerbs der Herbert-von-Karajan-Stiftung vorgestellt. Sie gehören den Geburtsjahrgängen 1937 bis 1942 an, zwei Russen, ein Japaner und ein Holländer. Obwohl diese jungen Dirigenten, vor allem in ihren Heimatländern, wiederholt Gelegenheit hatten, sich zu produzieren — einer hat sogar schon ein eigenes Philharmonisches Orchester gegründet (in Uljanowsk) —, taten sich drei von ihnen mit den aufgeführten Werken doch noch etwas schwer, was nicht zu verwundern ist. So Tatjirt Jimori mit der Symphonie Phantastique von Berlioz, die einen Meisterdirigenten erfordert, Eduard Serow mit der Egmont-Ouvertüre und Strawinskys Feuervogel-Suite und Dimitri Ki-taenko mit einer Mozart-Symphonie und „Don Juan“ von Richard Strauss. Nur der jüngste, Frangois Huy-brechts aus Antwerpen, der Assistent von Bernstein und George Szell war. vermochte mit Janäöeks „Taras Bulba“ und Ravels „Rhapsodie Espagnole“ zu überzeugen. Ihm, dem jüngsten und stablos (aber mit Partitur) dirigierenden, kann man mit einiger Sicherheit eine Karriere voraussagen.

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