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Mit verehrungsvollem Beifall begrüßt, betrat der greise Wilhelm Backhaus das Podium des Großen Musikvereinssaales, auf dem die Berliner Philharmoniker saßen. Unter der Leitung Herbert von Karajans erlebte man eine Aufführung des Konzerts für Klavier und Orchester B-Dur von Brahms, die uns lange im Gedächtnis bleiben wird. Der Elan und jugendliche Schwung, mit dem Backhaus seinen Solopart spielte, ist von Jüngeren kaum zu erreichen, zumal der Künstler alle technischen Mittel und alle Brillanz der Vollgriffigkeit gänzlich in den Dienst der symphonischen Wirkung stellt und nie die solistische unterstreicht. Das Zusammenspiel zwischen ihm, dem Dirigenten und dem Orchester war in des Wortes ganzer Bedeutung vollkommen. Die nach der Pause musizierte 2. Symphonie von Brahms setzte das Erlebnis dieses Konzertes in gleicher Dichte fort. Das Orchester ist von eiserner Disziplin und Exaktheit, vibrierendem Eingehen auf die Intentionen des Dirigenten und von rauschender Klangdosierung im Forte, im Piano substanzreich, allerdings ohne die südliche Tendresse der Wiener, der es indes gelegentlich sehr nahe kam. Dirigent und Orchester wurden enthusiastisch gefeiert.

In einem Konzert der Wiener Symphoniker dirigierte Leopold Ludwig die „Vierte“ von Franz Schubert (c-Moll, D 417) und die Vierte von Gustav Mahler. Schuberts 4. Symphonie, die man die

„Tragische“ nennt, ist dennoch von lyrischer Grundhaltung und weist damit selbst die Antwort auf Schuberts Frage, was man denn nach Beethoven noch machen könne. Nichtsdestoweniger mußte das 1816 komponierte Werk bis 1873 auf die Eroberung des Konzertsaales warten. Das diffizile Gebilde von Mahlers 4. Symphonie kann man eine symphonische Vorbereitung auf den letzten Satz nennen, dem Lied „Wir genießen die himmlischen Freuden“, das Emmy Loose bemüht war, ebenso fromm und naiv zu singen, als es von Text und Musik her gemeint ist — was ihr nicht ganz gelang, zumal ihre Stimme teilweise vom Orchester überdeckt wurde. Kein außerordentliches, doch ein sehr ordentliches Konzert.

Im Zyklus „Das Volkslied“ folgen die Überraschungen einander auf dem Fuß. Diesmal sang das Slowenische Oktett Volkslieder aus Jugoslawien, aber auch mährische, bulgarische, slowakische und russische. Schon die Vielfalt der jugoslawischen Stämme, die sich in ihren Liedern spiegelt, machte das Programm lebendig, frisch und zügig. Die Satzweise für Männerchor ist nicht immer sehr ergiebig, wurde jedoch durch solistische Stellen und besonders durch die lebhafte Mimik der Sänger zum unmittelbaren Eindruck. Die Sauberkeit der Intonierung sowie die straffe rhythmische Gliederung der Gesänge sind besonders hervorzuheben.

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