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Melles, Wallbere, Weißensteiner

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Gewandt, sicher und sehr inspirativ leitete Carl Melles das zweite Konzert der Wiener Symphoniker. Behielt auch die „Oberon“-Ouvertüre von Weber noch ein wenig Erdenschwerer so war sie doch gleichsam Romantik im Frack, eine richtige Ars repräsentativa. Beethovens Violinkonzert von Josef Suk als Solisten mit gediegener Beherrschung aller Probleme ohne äußere Brillanz in absolutem Dienst am Werk gespielt, hatte in Dirigent und Orchester gleichwertige Interpreten. Gottfried v. Einem ist in seinen „Symphonischen Szenen“ op. 22 zu einem kaum mehr verfremdeten traditionellen Stil zurückgekehrt, was in diesem Falle erhöhte Püblikumswirkung, wem» : auch auf- Kostern des persönlichen Profils,, bedeutet. Wirkung , und Profil aber hat die» zweit", fellos freche, gelegentlich an Manege anklingende 2. Suite für Orchester von Igor Strawinsky, die in jedem ihrer vier kurzen Stücke überrascht, zündet und unterhält. Orchester und Dirigent blieben auf der eingangs geschilderten Höhe.

„Ein deutsches Requiem“ von Brahms musizierten der Chor des Singvereins, das Orchester der Tonkünstler und die Solisten Laurence Dutoit und Claudio Nikolai unter Leitung von Heinz Wallberg, mit Kurt Rapf an der Orgel. Die volkstümliche Wirkung dieses Meisterwerkes wird nie veralten, gewinnt vielmehr immer stärker Kraft und Innerlichkeit. In den beiden mit großem Ausdruck gesungenen Solopartien war Nikolai durch seine ruhige Tongebung und vorbildliche Textaussprache im Vorteil. Der Dirigent legte das Hauptgewicht auf die dramatische Anschaulichkeit des zweiten Satzes und der großen Chorfugen, die denn auch durch die hervorragende Leistung des Chores zu Höhepunkten wurden. Ein besonderes Lob muß dem Orchester gesungen werden und zuletzt, aber nicht als Letztem, dem diskreten, aber farbig und wirkungsvoll amtierenden Organisten.

F. K.

Das diesjährige Kompositionskonzert mit Werken von Raimund Weißensteiner dirigierte Kurt Rapf. Ausführende waren die Wiener Symphoniker und der Oboist Alfred Hertel, der das neueste Werk Weißensteiners, das 1962 geschriebene Konzert für Oboe und Streichorchester, aus der Taufe hob. Das knapp halbstündige, aus vier gutproportionierten Sätzen bestehende Opus, in der Faktur lockerer, im Gesamteindruck gefälliger als manche der großen Symphonien Weißensteiners, setzt die Reihe der Instrumentalkonzerte fort und zeichnet sich durch einen technisch ungewöhnlich schwierigen Solopart, dem der junge Alfred Hertel voll und ganz gewachsen war, aus. Das Konzert wurde mit den Choralvariationen eröffnet und mit der VIII. Symphonie beendet, welche beide an dieser Stelle schon besprochen worden sind.

Im 1. Konzert des Zyklus „In memo- riam Paul Hindemith“ spielte Ricardo Odnoposoff Violinsonaten von Hindemith, Reger, Prokofieff und Jean Franfaix. Des letzteren Komposition, eigentlich eine Sonatine, die Eduard Mrazek fein pointie rend und mit leichter Hand begleitete, war sehr geeignet zum „Einspielen“. Was darnach folgte, stellt an den Musiker ebenso große Anforderungen wie an den Virtuosen, besonders die beiden für Violine solo geschriebenen Sonaten von Hindemith und Reger. Odnoposoff, bis 1938 Konzertmeister der Wiener Philharmoniker, machte — als er bald nach 1945 auf dem Wiener Konzertpodium als Solist erschien — zunächst den Eindruck des gediegenen Virtuosen, wobei der Akzent damals auf „gediegen“ zu legen war. Nach diesem letzten Abend kann man ihm bestätigen, daß er nicht nur ein brillanter, die größten Schwierigkeiten quasi spielend überwindender Geiger, sondern auch ein Musiker von hohen Graden geworden ist, der die einzelnen Werke dieses höchst anspruchsvollen Programms zu eindringlicher Wirkung brachte. Odnopo- soffs besondere Qualitäten als Geiger sind: der große und ruhige Bogen, ein substantieller und schöner Ton sowie absolut unhörbarer Lagenwechsel. — Ein Abend mit Meisterwerken der Violin- literatur, von einem Meistergeiger vorgetragen.

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