Double-Happiness - © Crossing Europe

Crossing Europe: Zweite laute Stimme in der Filmlandschaft

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Elf Jahre "Crossing Europe“: Das Festival macht Linz auch heuer wieder für fünf Tage zur europäischen Filmhauptstadt.

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Elf Jahre "Crossing Europe“: Das Festival macht Linz auch heuer wieder für fünf Tage zur europäischen Filmhauptstadt.

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Linzer Hip-Hop. Die chinesische Hallstatt-Kopie. Ein Iraner in Griechenland. Scarlett Johansson als männerverzehrende Sirene in Schottland. Ein baskischer Hexenzirkel. Und die Schauspielerin Valeria Bruni-Tedeschi als Filmemacherin, die sich im zugigen Familienschloss ihren Beziehungsproblemen hingibt: Die sechs Eröffnungsfilme der elften Ausgabe von Crossing Europe verdeutlichen den Facettenreichtum europäischen Kinos.

Ursprünglich aus der Not geboren, keinen einer Eröffnung in der Größe angemessenen Saal zur Verfügung zu haben, ist die Linzer Lösung inzwischen zum Markenzeichen der Vielfalt geworden: "Double Happiness“ der zweifachen "Local Artists“-Preisträgerin Ella Raidel etwa, ihr erster abendfüllender Dokumentarfilm, begibt sich auf eine Reise nach China zu jenem Immobilienprojekt, das als Kopie des oberösterreichischen Hallstatt errichtet wurde.

Der iranisch-schweizerische Regisseur Kaveh Bakhtiari sucht seinen Cousin in Athen auf, wo dieser ohne Dokumente in einer Kellerwohnung festsitzt und seinem Traum eines lebenswürdigen Daseins in Europa beim Scheitern zusehen muss - zwei Positionen, in denen Europa als Sehnsuchtsort gilt. "TEXTA In & Out“ ist Dieter Strauchs Porträt der bekannten Linzer Hip-Hop-Formation anlässlich des 20-jährigen Bandjubiläums. Álex de la Iglesias spanische Horrorkomödie "Witching and Bitching“ begleitet zwei gescheiterte Räuber auf ihrer Flucht in ein baskisches Hexendorf.

Und mit "Under the Skin“ zeigt Crossing Europe jenen rätselhaften Film, der im September in Venedig sein Publikum verstört hatte, ein visuell und akustisch berauschender Psychohorrorfilm über Geschlechterverhältnisse, der trotz seiner prominenten Hauptdarstellerin Scarlett Johansson für einen regulären Kinostart offenbar als zu riskant gilt.

Angemessene Finanzierung gelungen

Nach der zehnten Ausgabe, die im Schatten schwerer Finanzierungsproblemen stand, ist Crossing Europe im elften Jahr nun "angekommen“, formuliert Intendantin Christine Dollhofer: Eine angemessene Finanzierung ist gelungen. Das Festival profitiert von den Kooperationen und Freundschaften, die im Verlauf des letzten Jahrzehnts gepflegt wurden, darunter zur renommierten britischen Regisseurin Joanna Hogg, der das diesjährige Tribute gewidmet ist: Sie ist mit jedem ihrer Langfilme in Linz vertreten gewesen, nun werden auch ihre frühen Arbeiten, Musikvideos und Experimentalfilme gezeigt.

Mit Halbjahresabstand zur Viennale ist das Festival längst zur zweiten lauten Stimme in der österreichischen Filmlandschaft geworden, mit einer Intendantin, die ein lokales ebenso wie internationales Publikum seit Jahren bei der Stange hält. Von Beginn an fand sie Themenschwerpunkte, die sich bewährt haben: Die "Arbeitswelten“, ursprünglich aus der Assoziation mit dem Industriestandort Linz gewachsen, zeigen heuer Filme zum Thema "Wanderarbeit - Über Migration, Billiglöhne und ungewöhnliche Karrieren“. Und die Reihe "Architektur und Gesellschaft“ bringt mit dem Architekturforum OÖ Dokumentarfilme, die von Shoppingcenterentwicklung bis Ökostädten aktuelle Raumproduktion thematisieren.

Und noch eines ist bemerkenswert: Woran Festivals überall sonst dramatisch zu scheitern behaupten, nämlich am Auffinden qualitätsvoller Arbeiten von Filmemacherinnen, ist in Linz kein Thema. Bei den hier gezeigten Filmen ist der weibliche Anteil immerhin etwa ein Drittel.

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