Ein ambitioniertes FILMFESTIVAL

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Wir werden von den wichtigsten zuständigen Förderstellen seit Jahr und Tag sehr viel schlechter gefördert als alle anderen heimischen Festivals von Belang. (LET'S CEE-Kodirektor Wolfgang P. Schwelle)

Ein kleines estnisches Dorf Ende des 19. Jahrhunderts, von bösen Geistern, vogelscheuchenartigen Kreaturen und Seuchen heimgesucht: Um den hübschen Dorfjungen Hans für sich zu gewinnen, lässt sich das verliebte Bauernmädchen Liina auf einen Pakt mit dem Teufel ein.

Mit der estnischen Literaturverfilmung "November"(Regie: Andrus Kivirähk), einer wilden und surrealen Mischung aus Liebesfilm, Horrorfilm und Volksmärchen, wird am 13. April das Filmfestival LET'S CEE eröffnet. ",November' ist unsere Antwort auf ,The Shape of Water'", sagt die Gründerin von LET'S CEE und Festivaldirektorin Magdalena Z elasko in Anspielung auf den Streifen, der heuer den Oscars für den besten Film abgeräumt hat. Immerhin wurde das estnische Fantasy-Drama für seine fiebrigen Schwarzweiß-Bilder beim Tribeca Film Festival in New York mit dem Preis für die beste Kamera ausgezeichnet.

"Gefährlich gute Filme"

"Gefährlich gute Filme" lautet das Motto der sechsten Ausgabe des auf Filme aus Zentral-und Osteuropa einschließlich der Kaukasus-Region und der Türkei spezialisierten LET'S CEE Film Festivals. Die gezeigten Filme seien als klare Signale gegen Ignoranz, Diskriminierung und Vorurteile zu verstehen, erläutert Z elasko und drehten sich oft um brennende gesellschaftspolitische Themen.

Von 13. bis 22. April werden in fünf Wiener Kinos (im Actor's Studio, im Artis International, in den Breitenseer Lichtspielen, im Urania Kino und im Village Cinema Wien Mitte) sowie weiteren Spielstätten 162 Spiel-,Dokumentar-und Kurzfilme präsentiert. Am zweiten Wochenende geht es dann erstmals hinaus in die Bundesländer, da werden das Geidorf Kunstkino in Graz, das Stadtkino Villach und das Cineplexx Salzburg City bespielt.

Allein in den vier zentralen Wettbewerben werden 50 Österreich-Premieren zu sehen sein. Im Spielfilmwettbewerb sind dies neben "November":"Birds Are Singing in Kigali" von Joanna Kos-Krauze und Krzysztof Krauze, ein bewegendes Drama aus Polen über die Folgen des Völkermords in Ruanda, das international hoch gelobte Roadmovie "Directions", in dem Stephan Komandarev ein ungeschminktes Bild der Gesellschaft Bulgariens aus der Sicht von Taxifahrern zeichnet und die ungewöhnliche Künstlerbiografie "Dovlatov" des russischen Regisseurs Alexey German Jr., ein einfühlsames Sittengemälde der Sowjetunion und jüngst bei der Berlinale mit einem Silbernen Bären ausgezeichnet.

Weiters Marina Stepanskas beeindruckender Debütfilm "Falling" aus der Ukraine, eine zerbrechliche Love-Story und ein intensives Portrait einer verlorenen Generation zugleich, "Ice Mother" von Bohdan Sláma, eine tschechisch-slowakische Tragikomödie und ebenfalls eine Liebesgeschichte der besonderen Art, der düstere, slowenischkroatische Sozialthriller "Ivan" von Janez Burger, Constantin Popescus Psychodrama "Pororoca" aus Rumänien, in dem sich das Leben einer glücklichen Kleinfamilie in einen Albtraum verwandelt und Piotr Domalewskis vielfach preisgekrönter Debütfilm, die Emigranten-, Weihnachts-und Familiengeschichte "Silent Night" aus Polen.

Erstmals mit Virtual-Reality-Kino

Das Drama "Something Useful" von Pelin Esmer, eine internationale Koproduktion aus der Türkei über die ungewöhnliche Begegnung zweier Frauen in einem Nachtzug, "Men Don't Cry" von Alen Drljevic´, ein psychologisches Kammerschauspiel mit einigen der besten männlichen Schauspieler Ex-Jugoslawiens und Bosniens, letztjähriger Kandidat für die Academy Awards, sowie "The Gateway" von Volodymyr Tykhyy aus der Ukraine, eine Komödie mit Fantasy-Elementen über das Leben in der Todeszone rund um Tschernobyl, komplettieren den Spielfilmwettbewerb.

Auf dem Programm stehen natürlich auch Dokumentarfilme, Kurzfilme und heuer erstmals Virtual-Reality-Kino, bei dem die Besucher mittels spezieller Hightech-Brillen in eine 360-Grad-Filmwelt eintauchen. Zwei Dokumentarfilm-Empfehlungen: "Over the limit"(Regie: Marta Prus), der den brutalen und von gnadenlosem Leistungsdruck geprägten Trainingsalltag einer russischen Spitzen-Gymnasiastin festhält, und "When the war comes"(Regie: Jan Gebert), das erschreckende Porträt des Alltags einer paramilitärisch organisierten Gruppe slowakischer Faschisten.

Das 2012 gegründete Filmfestival erfreut sich bei Cineasten in jenen Ländern, deren Filmschaffen auf diese Weise in Österreich präsentiert wird, größter Wertschätzung. Auch die heimische Filmszene ist sich der Bedeutung des Festivals bewusst: Wenn für die aus dem Ausland anreisenden Besucher im Rahmen der Schiene "Austrian days" österreichische Produktionen in Originalversion mit englischen Untertiteln gezeigt werden, machen Stefan Ruzowitzky, Josef Hader und Ruth Beckermann ihre Aufwartung, obwohl ihre Filme ("Die Hölle","Wilde Maus", "Die Geträumten") längst keiner Promotion mehr bedürfen.

Von offizieller Seite hält sich die Begeisterung jedoch in Grenzen. "Wir werden von den wichtigsten zuständigen Förderstellen, nämlich der Kulturabteilung der Stadt Wien und der Filmabteilung des Bundeskanzleramts, ohne nachvollziehbare Argumentation seit Jahr und Tag sehr viel schlechter gefördert als alle anderen heimischen Festivals von Belang", beklagt Wolfgang P. Schwelle, der zweite Festivaldirektor. Seitens anderer Länder wird sogar mittels Subventionsentzug politischer Druck auf das Festival ausgeübt: "Es gibt Länder, die Förderungen zurückziehen, sobald kritische Filme gezeigt werden", berichtet Schwelle.

Women and War Podiumsdiskussion im Rahmen von LET'S CEE. Mit Eliane Umuhire ("Birds Are Singing in Kigali"), Reyan Tuvi (Regisseurin "No Place for Tears"), Helga Feldner-Busztin (Schoa-Überlebende). Moderation: Otto Friedrich/DIE FURCHE. Dienstag, 17.4., 19 Uhr, VHS Urania, Mittlerer Saal www.letsceefilmfestival.com

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