Diese US-Filme bürgen für QUALITÄT IM KINO
Abseits von Blockbustern, Action-Orgien und Endlos-Sequels bietet die diesjährige Viennale - unter anderem -e inen Querschnitt durchs US-Kino, das (noch) Anspruch auf künstlerische Qualität erhebt.
Abseits von Blockbustern, Action-Orgien und Endlos-Sequels bietet die diesjährige Viennale - unter anderem -e inen Querschnitt durchs US-Kino, das (noch) Anspruch auf künstlerische Qualität erhebt.
Die x-ten Fortsetzungen von längst ausgelutschten Stoffen, Action-Orgien ohne Herz und Hirn: viele aktuelle Hollywood-Produktionen sind schlichtweg zum Vergessen. Aber natürlich gibt es auch Filme aus den USA abseits von Blockbustern, Tschinn-Bumm und Endlos-Sequels. Ohne dass dies als expliziter Schwerpunkt ausgewiesen wäre, widmet sich die diesjährige Viennale sehr stark jenem US-Kino, das noch Anspruch auf künstlerische Qualität erhebt. Das Wiener Filmfestival zeigt Beispiele dafür nicht nur zur Eröffnung und zum Abschluss, sondern quer durch jene knapp zwei Wochen, die es andauert (20. Oktober bis 2. November).
Kenneth Lonergans "Manchester by the Sea", der bei der heurigen Viennale den Anfang macht, ist laut Festivaldirektor Hans Hurch "einer der interessantesten und ungewöhnlichsten Filme des Jahres". In dem Familiendrama geht es um einen Handwerker, der mit seinem erfolgreichen Sohn in sein Heimatstädtchen zurückkehrt, um einen Nachlass zu regeln. Den Endpunkt setzt Damien Chazelles "La La Land", eine von der Kritik gefeierte, ebenso nostalgische wie traurige Ehrerbietung an das Goldene Zeitalter amerikanischer Filmmusicals mit den groß aufspielenden Schauspielern Ryan Gosling und Emma Stone in den Hauptrollen. Sie verkörpern auf grandiose Weise ein Paar, das in der Traumfabrik nach persönlichem Glück und beruflichem Erfolg sucht.
Ein Beispiel für intelligent erzählendes US-Kino ist auch Tim Suttons "Dark Night", der eine Vielzahl von Figuren begleitet, deren Wege sich schließlich in jenem Kinosaal treffen, in dem ein Amokläufer im Jahr 2012 bei der Premiere der Batman-Verfilmung "The Dark Knight Rises" ein Massaker anrichtete. Mit Jim Jarmusch, von dem der Spielfilm "Paterson" und der Dokumentarfilm "Gimme Danger"(über den einflussreichen Rockmusiker Iggy Pop) auf dem Programm steht, ist auch einer der bekanntesten Repräsentanten des US-Autorenfilms in Wien vertreten.
Österreichisches am Rande
Natürlich werden bei der Viennale auch österreichische Filme gezeigt, obwohl sich das Festival dezidiert nicht als Leistungsschau des heimischen Kinos versteht, sondern lediglich eine kleine, Hurch'schen Maßstäben gehorchende Auswahl bietet. Darunter findet sich etwa "Stille Reserven" von Valentin Hitz, ein Science-Fiction-Film, was für österreichische Verhältnisse ziemlich ungewöhnlich ist. Er zeichnet eine Zukunft, in welcher der Mensch über seinen Tod hinaus ökonomisiert wird. Einen Blick in die Vergangenheit gibt es mit Niki Lists Klassiker "Müllers Büro"(1986). Zum 30-jährigen Jubiläum wird die Krimi-Parodie, die zu den Top drei der meistgesehenen österreichischen Filme aller Zeiten zählt, wieder auf der großen Leinwand gezeigt.
Unter den heimischen Produktionen befinden sich auch einige Dokumentarfilme - seit jeher eine der Spezialitäten der Viennale. Da wäre Nikolaus Geyrhalters "Homo Sapiens", in dem trotz des Titels kein einziger Mensch vorkommt: der Film zeigt Orte, aus denen der Mensch verschwunden ist und die nun dem Verfall preisgegeben sind - aufgegebene Schulen, Militäreinrichtungen oder Kongresshallen, bis hin zum radioaktiv verseuchten Fukushima. Maya McKechneay erzählt in "Sühnhaus" die Geschichte jenes Grundstücks an der Wiener Ringstraße, auf dem einst das Ringtheater stand, bei dessen Brand 400 Menschen zu Tode kamen, und auf dem sich heute der Sitz der Landespolizeidirektion Wien befindet. Und Katharina Copony gelingt in "Moghen paris - und sie ziehen mit" das rauschhafte Porträt eines Karnevalsumzugs in einem sardischen Bergdorf.
Einem großen Unbekannten des deutschsprachigen Kinos der Zwischenkriegsjahre ist eine vom Filmarchiv Austria gestaltete Retrospektive gewidmet: dem 1887 in Mähren geborenen Regisseur Robert Land, der im Wien der 1920er-Jahre eine Reihe von Stummfilmen drehte und sich dann in Deutschland als effizienter Filmemacher etablierte, der auch mit beschränkten finanziellen Mitteln beachtliche Resultate erzielen konnte. Am Höhepunkt seiner Karriere musste er 1933 aufgrund seiner jüdischen Herkunft aus Deutschland fliehen, drehte noch eine Handvoll Filme in Österreich sowie der Tschechoslowakei und starb schließlich 1940 auf der Flucht im bereits von den Deutschen besetzten Paris, vermutlich durch Suizid. Dem Filmarchiv Austria ist es kürzlich gelungen, eine Kopie des verschollenen Land-Films "Die kleine Veronika" (auch unter dem Titel "Unschuld" bekannt) aufzutreiben. Dieses - so die Einschätzung der Filmhistoriker - Meisterwerk des österreichischen Stummfilms aus dem Jahr 1930 wird nun im Rahmen der Viennale zum ersten Mal seit vielen Jahrzehnten wieder öffentlich gezeigt. Besonders interessant dürften die Originalschauplätze der Wiener Halb- und Unterwelt sein, an denen der Film gedreht wurde.
Zwei oder drei Filme nebeneinander
Auch das Wiener Filmmuseum ist wie immer mit einer Retrospektive vertreten. Unter dem Titel "Ein Zweites Leben" werden dabei jeweils zwei oder drei Filme nebeneinander gestellt, die sich ein- und desselben Stoffes annehmen. Darunter finden sich naheliegende Kombinationen wie Akira Kurosawas "Die sieben Samurai" (1954) und dessen US-Remake "Die glorreichen Sieben" (John Sturges, 1960), aber auch gänzlich unerwartete Verknüpfungen, etwa der japanische Streifen "Meshi"(Mikio Naruse, 1951) und Roberto Rossellinis "Reise in Italien"(1954), in denen es um die Wiederauferstehung der Liebe aus den Ruinen des Zweiten Weltkrieges geht.
Weiters locken noch ein Tribute für den unverwechselbaren US-Schauspieler Christopher Walken und ein Spezialprogramm mit kubanischen Wochenschauen. Insgesamt stehen heuer weniger Filme und Vorstellungen auf dem Programm und das Festival dauert auch um einen Tag kürzer als in den Vorjahren. Glaubt man Hurch, so hat das nichts damit zu tun, dass das Budget heuer um 100.000 Euro niedriger ausgefallen ist. Der Festivalleiter meint vielmehr, das Festival sei einfach einen Tag zu lang gewesen und diese Vielfalt habe das Publikum regelrecht erschlagen. Nun hingegen sei die Viennale übersichtlicher und publikumsfreundlicher.
Manchester By The Sea
USA 2016.
Regie: Kenneth Lonergan.
Mit Casey Affleck, Michelle Williams. UPI. 137 Min.
La La Land
USA 2016.
Regie: Damien Chazelle.
Mit Ryan Gosling, Emma Stone. Constantin. 126 Min.
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