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FILM

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In diesem Frühling sprießen die Manifestationen der Filmkultur nur so aus dem Boden. Auf die ČSSR-Filmwoche folgten unmittelbar ungarische Filmtage, und „Rumänische Filmtage” stehen im Mittleren Saal der Urania zwischen 28. und 30. März bevor. Leider wurde diese Veranstaltung so unglücklich angesetzt, daß sie der Konkurrenz einer weit größeren kaum standhalten kann: die „Viennale” läuft an, und wird, einschließlich ihrer Vorgänger, der Filmwochen des „Verbandes der österreichischen Filmjournalisten”, heuer zum 19. Mal abgehalten.

Die Hauptveranstaltung findet traditionsgemäß im Gartenbau- Kino statt, und zwar vom 24. März bis 1. April. Es wurde auch heuer nicht nach einem einengenden Motto programmiert, aber das Thema „Der junge Mensch” bildet doch mit 10 Filmen einen nicht zu übersehenden Schwerpunkt. Insgesamt werden im Gartenbau-Kino 29 Langfüme zu sehen sein, die jeweils von Kurzfilmen einbegleitet werden. Nicht weniger als 26 Nationen aller fünf Kontinente werden bei dieser repräsentativen Filmschau vertreten sein, die nicht wahllos das Neueste aus aller Welt zusammenholt, sondern unter der Devise der ersten Veranstaltung des Jahres 1959, „Filme, die uns nicht erreichten”, interessante Streifen präsentiert, auch wenn sie schon vor zwei Jahren produziert wurden.

Von den 29 Filmen werden nach dem bisherigen Stand der Dinge nur drei auf dem Verleihweg in unsere Kinos finden, aber die Viennale möchte dazu beitragen, daß es mehr werden: die Nachfrage nach interessanten Fümen soll durch die Veranstaltung größer werden und die Verleiher veranlassen, etwas mehr als bisher zur Schaffung von so etwas wie einer Filmkultur beizutragen.

USA und Italien werden mit je 5 Fümen das stärkste Kontingent bei der Viennale stellen, zwei Regisseure mit je zwei Fümen vertreten sein: Franęois Truffaut mit „Taschengeld” und „Die Geschichte der Adele H.”, Ettore Scola mit „C’eravamo tanto amati” (Wir hatten uns so geliebt) und „Brutti, sporchi, cattivi” (Häßlich, schmutzig und böse). Andere „Stammregisseure” der Viennale sind Carlos Saura (heuer mit „Cria cuervos” - Rabenbrut) und der Amerikaner John Cassavetes („The killing of a Chinese bookie”). Diese Füme erwartet man ebenso als Höhepunkte der „Viennale” wie „Pasqualino sette bellezze” der Italienerin Liną Werthmuller (nominiert für den Auslands-„Oscar”) oder den australischen Außenseiter „Picnic at Hanging Rock” von Peter Weir.

Während die Vorstellungen um 17.00 und 20.00 Uhr zu den normalen Eintrittspreisen des Garten- bau-Kinos besucht werden können, sind die 14.30-Uhr-Vorführungen als „Informationsvorstellungen wieder bei freiem Eintritt zugänglich. Hier werden vorwiegend beachtenswerte Produktionen aus kleineren Fümländern gezeigt Es gehört zum Spezifikum der „Viennale”, daß alle Füme in Originalfassung (mit Untertiteln oder Simultanübersetzung über Kopfhörer) vorgeführt werden. Als Gäste erwartet die „Viennale” auch hėuer zahlreiche Schauspieler, Regisseure sowie in- und ausländische Journalisten.

Neben der großartigen Hitch- cock-Schau des österreichischen Filmmuseums, die bis 3. Aprü in der Albertina läuft, gibt es eine zweite Retrospektive: der rührige ,Filmclub Action” bringt in seinem Stammhaus, dem Neubauer-Kino, in Zusammenarbeit mit dem österreichischen FUmarchiv einen Querschnitt durch das Schaffen des deutschen Regisseurs Erich Engel. In den zwanziger Jahren als Bert- Brecht-Regisseur hervorgetreten, machte er sich seinen Namen nicht als Großer der Filmkunst, aber als Schöpfer gediegener Unterhaltung. 26 Füme aus den Jahren von 1931 bis 1945 werden dafür Zeugnis ablegen.

Der neue österreichische Film wird zwar nicht in der Hauptveranstaltung, die noch nicht öffentlich gezeigten Fümen reserviert ist, zu Wort kommen, jedoch in sechs Matineevorstellungen (jeweüs um 10.30 im Metro-Kino). Hiebei werden die Streifen „Ich will le-; ben”, „Fluchtversuch” und „Langsamer Sommer” zu sehen sein, die beweisen, daß man auch hierzulande mitunter etwas mehr zustande bringt als seichte Unterhaltung.

Der Fümfreund steht jedenfalls vor einem überreichen Angebot. Wenn er es einigermaßen nutzen will, wird er gut tun, in der Viennale-Zeit anderen Freizeitgestaltungen zu entsaeen.

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