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Hoffnung für den Film?

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Für viele Angehörige der mittleren und älteren Generation, darunter besonders für Intellektuelle, nimmt der Film in ihrem persönlichen -kulturellen Leben praktisch keinfeh Raum mehr ein. Man kann aber nicht nur das übermächtige Fernsehen und die immer mehr um sich greifende Motorisierung für das Ausbleiben wesentlicher Besucherschichten und somit auch für ein alarmierendes Kinosterben verantwortlich machen, die eigenen Sünden der Branche haben sich bitter gerächt: die Über schwemmung des Marktes mit seichtester Unterhaltung, mit Exzessen des Sex- und Pornofilms des Crime- und Horrorfilms ließen für viele Kino nicht mehr als menschenwürdige Unterhaltung erscheinen. Es gibt heute nur mehr etwa 500 Lichtspieltheater in Österreich gegenüber einst fast 1300.

Allerdings ist diese Optik zu oberflächlich. Langjährige sorgfältige Statistiken zeigten, daß es pro Jahr - bei einem Angebot von derzeit ungefähr 300 neuen Filmen - doch immer etwa 10 Prozent sehenswerter Streifen gab. Und diese erfreuten sich, wenn sie nicht grundsätzlich zu elitär und esoterisch angelegt waren, oft großen Publikumszuspruchs. So macht auch jetzt mit Beginn der neuen Kinosaison nicht nur „Moon- raker” volle Kassen, sondern auch drei echte Spitzenfilme wie „Die Blechtrommel”, „Manhattan” und „Geschichten aus dem Wienerwald”. In der Öffentlichkeit zu wenig beachtet sind daneben etliche Kinos und Institutionen, die ein heute schon ziemlich dichtes Netz von Alternativprogrammen künstlerischer Filme bringen.

Die einheimische Filmproduktion führt nach wie vor ein Aschenbrödeldasein. So gelangten in der vergangenen Saison nur mehr vier österreichische Filme zur Uraufführung gegenüber etwa dreißig in der Blütezeit der Filmbranche in der fünfziger Jahren. Dieser Schrumpfungsprozeß hatte aber immerhin den Vorteil, daß sich das Schwergewicht von billigster Unterhaltungsware auf anspruchsvollere Streifen verlagerte. Dies konnte aber nur durch den seit 1973 existierenden Filmbeirat des Bundesministeriums für Unterricht und Kunst geschehen, der jene provisorische Funktion einer Filmförderung wahrnahm, die nun in ein – seit 1970 in drei Regierungserklärungen in Aussicht gestelltes - offizielles Filmforderungsgesetz übergeleitet werden soll.

Nach elnėm schüchternen ersten Versuch..im:jJahr 4-877, in Velden wurden im Vorjahr - diesmal in Kapfenberg - österreichische Filmtage veranstaltet. Die eben zu Ende gegangenen dritten „Filmtage”, wieder in der obersteirischen Industriestadt durchgeführt, zeigten, daß die Veranstaltung allmählich den Kinderschuhen entwachsen ist. Die Organisation war weit besser als früher, die Präsenz von etwa 100 Teilnehmern aus Österreich, der Bundesrepublik, der Schweiz, Polen und Italien ist schon allein als Erfolg zu buchen. Filmemacher fanden sich mit Journalisten, Beamten und Politikern zu konstruktiven Gesprächen zusammen, das Anschauungsmaterial an österreichischen Spiel-, Dokumentär, Experimental- und Kurzfilmen fand eine wertvolle Ergänzung durch Beiträge aus der Schweiz.

Wenn die künstlerische Bilanz des friedlichen Wettstreites eindeutig zugunsten der Eidgenossen ausging, so lag difs daran, daß die Schweizer seit Jahren über eine fundierte staatliche Filmforderung verfügen und in Kapfenberg mit teils festivalbewährten Beiträgen aufwarten konnten. Anderseits konnten zwei vorgesehene österreichische Langfilme aus technischen Gründen nicht gezeigt werden, dafür fanden die beiden ORF-Produktionen „Der Jagdgast” von Fritz Lehner und „Alpensaga 5”: „Der deutsche Frühling” von Dieter Berner verdiente Anerkennung.

Wenn man ihre Vorgängerveranstaltungen miteinbezieht, wird die Wiener Filmfestwoche „Viennale” heuer zum 19. Mal durchgeführt. Die Hauptveranstaltung wird von 16.-26. Oktober im Künstlerhaus- Kino abrollen, die Eröffnung mit dem Cannes-Preisträger „Apocalypse now”‘ von Francis Ford Coppola jedoch im Gartenbau-Kino stattfmden.

Schwerpunkt der „Viennale” werden auch heuer wieder Filme sein, die in Cannes, dem Austragungsort des bedeutendsten Filmfestivals der Welt, Erfolg hatten. So werden u. a. Werke von Federico Fellini, Robert Altman, John Huston, Marta Mesza- ros, Rainer Werner Fassbinder, Jiri Menzel, Kenneth Loach, Francesco Rosi und Andrzej Wąjda zu sehen sein. Daneben gibt es drei österreichische Beiträge, dann den großartigen Schweizer Film „Les petites fugues” und die erst jetzt fertiggestellte Montage von Eisensteins Meisterwerk „Que viva Mexico”.

Die heurige Viennale wird einige wesentliche Neuerungen und Bereicherungen bringen: Jene Filme, die das meiste Publikumsinteresse finden, werden in der Zeit von 27.-30. Oktober wiederholt. Interessenten können ein Abonnement erwerben, das es ihnen ermöglicht, zehn Vorstellungen nach eigener Wahl zum verbilligten Gesamtpreis zu besuchen. Um Publikum in anderen Bezirken den Zugang zu den Viennale-Filmen zu erleichtern, werden Vorstellungen auch in verschiedenen Wiener Außenbezirken stattfinden. Die „Junge Viennale” wird sich mit Kinder- und Jugendfilmen beschäftigen. Es wird auch heuer zwei Retrospektiven geben: das österreichische Filmmuseum bietet die Auswahl „Der amerikanische Abenteuerfilm von 1920 bis 1960”, im Kino Action zeigt in Zusammenarbeit mit dem österreichischen Filmarchiv eine große Emil-Jannings-Re- trospektive.

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