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Viennalel975

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Wenn man bedenkt, wieviel relativ künstlerisch bedeutsame oder zumindest wichtige Filme alljährlich erscheinen, ist es schwer, eine Filmwoche zu veranstalten, die das Wichtigste und Beste zeigt; auch die Wiener Filmwoche, die Viennale, steht daher vor den Schwierigkeiten, ein Programm auszuwählen, das halbwegs „stimmt“; da eine „ideale“ Auswahl unmöglich ist, entschlossen sich die Veranstalter in diesem Jahr, einen Schwerpunkt auf Filme der sogenannten Dritten Welt zu legen, auf Filme aus Afrika, Asien, Südamerika — die in den „Informationsvorstellungen“ gezeigt wurden: Das sind Veranstaltungen für jene Besucher, die nicht einfach zur Unterhaltung ins Kino gehen, sondern ernsthaft informiert werden möchten über das, was auf der Welt sich kinematographisch ereignet. Der zweite Schwerpunkt lag in kritischen Filmen, die aus dem „Osten“ gekommen sind, was natürlich unter aufgeschlossenen Besuchern zur Kti tik t an' diesen Produktionen oder ah den Filmländern selbst führen kann. Und drittens gab es die sogenannten „großen“ Publikumsfilme, die mehr oder weniger „kommerziellen“ Filme (von Wilder usw.), wobei auch hier eine gewisse „Qualität“ — manche mögen diese als „schwierig“ einstufen — Bedingung war. Man könnte diese Art von Filmen als solche bezeichnen, von denen zu wünschen wäre, daß sie das normale Kinoprogramm ausmachen würden — eine Idealwunschvorstellung...

Österreich war — natürlich — durch keinen abendfüllenden Spielfilm bei der Viennale vertreten (weil es einen solchen nicht gibt, was die anwesenden ausländischen Gäste zutiefst bedauernd feststellten), sondern nur durch fünf Kurzfilme.

Es ist vermutlich schwer, als Wiener objektiv dieser Veranstaltung gegenüberzustehen — wie jeder lokalen (aus eben „lokal“-patriotischen Gründen); nieist fehlt auch die Ubersicht, der Horizont — obwohl sie eine „Wiener“ Veranstaltung ist, hat die Viennale internationale Bedeutung, jedenfalls in ihrem Konzept. Das internationale Urteil ist da weitaus großzügiger als kleinliche lokale Interessen: das ausländische Echo ist überaus positiv, ja manchmal geradezu schwärmerisch. Ob da nicht vielleicht auch die berühmte Wiener Atmosphäre „berauschend“, beschönigend beiträgt, vieles verklärt und in einem rosa Licht zeigt? „Wenn man sich die Viennale ansieht, so ist es selbstverständlich, daß auch sie nur Annäherungswerte an den Wunschtraum, das Beste vom Besten zu zeigen, erreichen wird. Doch ist es in diesem Jahr recht gut gelungen, einen Uberblick über die internationale Produktion zu gewinnen — natürlich keinen vollkommenen (es fehlen in dem Spektrum manche Länder, manche Produktionen). Doch die Hauptpunkte sind doch größtenteils getroffen“, sagte ein deutscher Filmjournalist. Und auch aus dem Osten, aus Ungarn, lobte ein Gast die Programmierung unseres Festivals, der Viennale: „Ich finde, es ist sehr schön und hochinteressant, daß es so ein Festival gibt, ohne Konkurrenz und ohne Wettbewerb, wo es keine Prestigefrage gibt und keine Kämpfe, wie in Cannes oder bei anderen großen Filmfestspielen; und ich finde es schön, daß man hier wirklich interessante und sehenswerte Filme von überall sehen kann, ohne jede Einschränkung und Behinderung...“

Ich glaube, man müßte hierzulande, wenn man unsere Wiener Filmwoche ansieht oder beurteilt, sie von anderen, großzügigeren Blickpunkten sehen. Denn insgesamt und letztlich ist die Viennale, was wir in unseren engen Blickwinkeln vielleicht leicht zu übersehen bereit sind, ein Mittelding zwischen dem, was man auf den großen internationalen Festivals macht, in den großen „Wettbewerben“, die ja mehr und mehr zweifelhaft geworden sind, und jenen kleinen Spezialfilmwochen, die sich mit einem ganz bestimmten Ausschnitt, Genre oder Sektor aus der großen Filmpalette befassen.

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