Viennale: Das Feuer weitergeben

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Mit Jessica Hausners "Amour Fou" startet am 23. Oktober die diesjährige Viennale, die einmal mehr viele filmische Highlights bereithält.

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Mit Jessica Hausners "Amour Fou" startet am 23. Oktober die diesjährige Viennale, die einmal mehr viele filmische Highlights bereithält.

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Eine lodernde Flamme ziert den Katalog und die Plakate der diesjährigen Viennale, die diesen Donnerstag beginnt. Das Wiener Filmfestival versteht sich als "keeper of the flame", wie Direktor Hans Hurch erläutert: "Es formuliert also den Anspruch, für die Bewahrung und Weitergabe des Feuers mitverantwortlich zu sein. Konkret, das Kino als eine eigene, originäre und freie, nicht durchkommerzialisierte, nicht marktorientierte und nicht standardisierte Form lebendig zu halten."

"Wie immer gibt es bei der Viennale kein Motto, keine große Überschrift", sagt Hurch. Demnach zieht sich das Thema Armut durch viele der gezeigten Streifen - allerdings nicht in angestaubter sozialkritischer Manier, sondern anhand von sehr persönlichen, konkreten Geschichten. Als Beispiel nennt der Direktor den Film "Buzzard" von Joel Potrykus, der von einem Kleinbetrüger handelt, der sich in der kaputten Stadt Detroit durchschlägt; gezeigt wird darin eine USA, die wie ein Dritte-Welt-Land wirkt.

Noch etwas ist Hurch aufgefallen: die große Anzahl der Filme von Regisseurinnen. "Das ist nicht das Ergebnis einer selektiven Strategie, sondern verdankt sich allein der außerordentlichen Qualität und Dichte dieses spezifischen Filmschaffens", betont der Direktor. Logisch, dass auch der heurige Eröffnungsfilm von einer Frau stammt: "Amour fou" der österreichischen Regisseurin Jessica Hausner, der in Berlin zur Zeit der Romantik spielt und durch den Suizid des Dichters Heinrich von Kleist 1811 inspiriert ist: Ein Dichter, der durch Liebe den unausweichlichen Tod überwinden möchte, findet statt in der angebeteten Cousine in der jungen und sterbenskranken Ehefrau eines Bekannten eine Geistesverwandte.

Aktuelle Filme von großen Namen wie Jean- Luc Godard, Woody Allen, Olivier Assayas, Abel Ferrara, Joe Dante oder Lars von Trier sind ebenso vertreten wie die Werke unbekannter Regisseure. Vielversprechend klingt zum Beispiel "Calvary - Am Sonntag bist du tot" des irischen Regisseurs John Michael McDonagh. Der Film beginnt damit, dass ein Gemeindemitglied dem Pfarrer bei der Beichte mitteilt, dass er als Kind von einem Geistlichen missbraucht worden war und nun als Rache seinen aktuellen Beichtvater töten werde. Daraufhin durchlebt der Priester seinen ganz persönlichen Passionsweg, auf dem er in der Woche vor seinem angekündigten Tod auf Menschen und Situationen in seiner Gemeinde trifft, die - so der Viennale-Katalog - die ganze Misere der katholischen Kirche repräsentieren.

Das Highlight der Viennale ist aber einmal mehr die Retrospektive im Filmmuseum, die heuer dem großen Filmemacher John Ford gewidmet ist. "Über sechs Dekaden und gut 140 Filme hinweg hat sich Ford an dem Projekt abgearbeitet, die Vereinigten Staaten von Amerika zu erzählen, in einer zutiefst persönlichen wie populären Form, indem er von ganz konkreten Menschen und Situationen berichtete", konstatiert Alexander Horwath, der Direktor des Filmmuseums.

John-Ford-Retrospektive

Berühmt wurde Ford, der als einziger Regisseur mit insgesamt vier Oscars ausgezeichnet wurde, mit seinen Western. Fords beeindruckende Bildsprache ist dafür verantwortlich, dass das Monument Valley mit seinen markanten Tafelbergen heute als Landschaft des Wilden Westens schlechthin gilt.

Im Filmmuseum gezeigt wird etwa "Ringo"(Originaltitel: "Stagecoach"), jener Film über den Orson Wells sagte, er habe von ihm alles über das Kino gelernt. Zu sehen ist auch die Kavallerie-Trilogie: "Bis zum letzten Mann" ("Ford Apache"),"Der Teufelshauptmann" ("She Wore A Yellow Ribbon") und "Rio Grande". Die Hauptrolle in all den genannten Filmen spielt John Wayne, ebenso wie in "Der schwarze Falke" ("The Searchers"), wo er einen hasserfüllten, besessenen, aber auch einsamen und verlorenen Mann spielt, der sich auf eine jahrelange Suche nach seiner von Indianern entführten Nichte begibt. Die Schlusseinstellung, in welcher der Unzähmbare aus einer Tür hinaus in die Weite der Prärie tritt, ist eine der berühmtesten Szenen der Filmgeschichte.

Trotz seinem Zug zum Antiautoritären und seiner prinzipiellen Identifikation mit den "kleinen Leuten" wurde Ford oft zum Vorwurf gemacht, ein Reaktionär zu sein. Von "Der schwarze Sergeant" ("Sergeant Rutledge") lässt sich das sicher nicht behaupten: Hier inszeniert Ford ein Gerichtsdrama um einen afroamerikanischen Soldaten, der fälschlicherweise der Ermordung und Vergewaltigung einer Weißen beschuldigt wird.

Bei der Viennale gibt es auch Neuerungen: So existiert das alte Stadtkino am Schwarzenbergplatz nicht mehr. Dafür gibt es einen neuen Saal im Metro Kinokulturhaus, der den Namen des Viennale-Präsidenten Erich Pleskow trägt. Das neue Haus für den österreichischen und internationalen Film wurde ja erst kürzlich nach umfassenden Umbau-und Erweiterungsarbeiten eröffnet. Der historische Kinosaal wurde renoviert, Eingangsfoyer und Balkonfoyer wurden in den Originalzustand rückgebaut und der gesamte Komplex wurde um zwei Etagen über den ursprünglichen Räumlichkeiten des Metro Kinos erweitert, wo sich nun auch der Erich-Pleskow-Saal befindet. Da diese Spielstätte kleiner als das alte Stadtkino ist, kann Hurch jetzt schon sagen, wie die Bilanz der heurigen Viennale aussehen wird: ein Anstieg der Auslastung bei gleichzeitigem Rückgang der Zuschauerzahlen.

Viennnale 2014

23. Oktober bis 6. November

www.viennale.at

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