Digitale Berlinale: Anfang einer neuen Zeit?
Die erste digitale Berlinale ging mit der Verleihung des Goldenen Bären an den Rumänen Radu Jude für seinen Film „Bad Luck Banging or Loony Porn“ zu Ende. Eine Bilanz.
Die erste digitale Berlinale ging mit der Verleihung des Goldenen Bären an den Rumänen Radu Jude für seinen Film „Bad Luck Banging or Loony Porn“ zu Ende. Eine Bilanz.
Am Ende meinte man, einen neuen Anfang gesehen zu haben: Die Berlinale, die vergangene Woche in Berlin stattfand, fand eigentlich an gar keinem Ort statt, sondern ausschließlich online. Man traf sich im virtuellen Raum, zu Zoom-Gesprächen mit den Filmemachern, zu Online-Streamings der Wettbewerbsfilme und Sonderreihen, man wandte viel Zeit auf, diese Termine zu koordinieren, über E-Mail, Telefon, WhatsApp.
Der neue Anfang, den man hier ge sehen hatte, heißt: Festival im Zeitalter von Corona. Die Physis ist hier unbedeutend, der Ort nebensächlich, wichtig ist nur, dass das WLAN hält. Die neue Realität in der Filmvermittlung hat die Berlinale mit Bravour eingeläutet. Technisch perfekt, inhaltlich ihrem Image als gesellschaftlich relevantes A-Festival entsprechend, hatten zwischen 1. und 5. März die Vertreter der Filmbranche und rund 1700 akkreditierte Journalisten Zugang zum Online-Server der Berlinale, wo das gesamte Filmprogramm gezeigt wurde.
Das Ende der Entouragen?
So kann sie wirklich aussehen, diese Festivalzukunft: Vorbei die Zeit, in der Filmfirmen mit gewaltiger Entourage rund um den Globus jetten mussten, wenn heute jeder vom eigenen Wohnzimmer aus teilnehmen kann . Die Visagisten von L’Oréal bleiben auch daheim, denn zu stylen gibt es nichts vor der schlecht auf ösenden Webcam. Die Filme, sie können in bester Qualität auch über den Beamer zu Hause genossen werden, kurzum: Wozu dann noch ein physisches Festival ausrichten, das mit den derzeitigen Gesundheits risiken von Corona belastet wäre?
Aber auch für die Zeit danach stellt sich diese Frage: Wozu noch hinfahren? Was man da an Zeit, Reisekosten und Hotel- Spesen sparen könnte. Vom CO2-Fußabdruck ganz zu schweigen. Zugegeben, rein nüchtern betrachtet geht diese Rechnung auf, allein: Das Kino ist – wie jede Kunst – keine nüchterne Angelegenheit, sondern will sich reiben und den Blick erweitern, dafür ist es gemacht. Kino wird erst im Kollektiv zur Erfahrung, das muss man nicht weiter betonen, aber man darf auch sagen: Für die aktuelle Situation ist das, was die Berlinale mit ihrer digitalen Ausgabe versucht hat, allemal ehrenwert und auch richtig gut gelungen.
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