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Adabeis im Filmgeschäft
Der große Saal im Zoo-Palast wurde langsam abgedunkelt, nur die schweren Vorhänge waren noch dezent illuminiert. Dann erklang eine markante Stimme: „Die Internationalen Filmfestspiele Berlin zeigen... ”. Jetzt wußte jeder, er saß nicht in Buxtehude beim Schulfilmwettbewerb, nein, es ist Berlin, der Duft der großen weiten Welt, Glamour, Glitter, wenigstens akustisch.
Doch traurig ist die Gegenwart: Seit einem Jahr gibt es nur noch einen Mini-Vorfilm, wie von einem mittelmäßigen Verleih, kein Trommelwirbel, keine Fanfare, absolut stumm und steril. Viersprachig liest man, was man ohnehin weiß, daß nämlich die Filmfestspiele etwas zeigen. Wie fade!
Trotzdem herrschte an den Berlinale-Kinos auch 1987 die gewohnte Hektik und ein Riesenandrang. Rund 600 Filme, davon die Hälfte in der kommerziellen Film-Messe, wurden in weniger als zwei Wochen gezeigt. Langsam bekam man viereckige Augen, begann in 90-Minuten-Ab-ständen zu denken. Das Schlimme war nur, daß die Anhäufung von schlechten Filmen die Wahrnehmung verdarb.
Und als Frankreichs Leinwand-Duse Jeanne Moreau — vor vier Jahren Jury-Präsidentin der Berlinale und heuer in Berlin, um sich als Darstellerin im Wettbewerbsfilm „Das Wunder” vorzustellen— zum Tod Andy Warhols sagte, sie sei traurig, daß er gestorben ist, erschien auch das wie Kino.
Sehr realistisch dagegen die Selbstdarstellung Österreichs auf dem Festival. Wenn man zwar diesmal keinen Beitrag im Wettbewerb hatte, so war man mit Klaus Maria Brandauer als Vorsitzendem der Jury doch genauso würdig vertreten. So die einhellige Meinung der Alpenrepublikaner, die zur Pressekonferenz der Austrian Film Comission erschienen waren.
Die Konferenz war gleich nach den Statements der Veranstalter beendet. Denn Fragen gab es eigentlich keine. Und bei (echter!) Sachertorte, Apfelstrudel, Kaffee und Grünem Veltliner wurde es alsbald gemütlich wienerisch.
Nicht ganz so „leiwand” verlief „Die lange Ö-Nacht”, während der unter anderem die Wiener Hochschule für angewandte Kunst neue Arbeiten des Studios für experimentellen Zeichentrick präsentierte. Nicht nur, weil die Nacht so lang, auch weil der Film ganz einfach schlecht gemacht war, wirkte „Yukon Quest” von Valie Export, Ingrid und Oswald Wiener sehr ermüdend. In Erwartung einer angekündigten Uber-raschung aber harrten die Kino-freaks tapfer aus: Niki List, der sich nach dem Vorjahreserfolg „Müllers Büro” diesmal mit „Die Dreckschleuder” nach Berlin begeben hatte, war im Kino life dabei.
Die derzeit herausragenden österreichischen Filmproduktionen wurden allerdings auf der Film-Messe gezeigt: „38”, Wolfgang Glücks Verfilmung von Torbergs Roman „Auch das war Wien”, Paulus Mankers „Schmutz”, der Kinderfilm „Jo-nathana und die Hexe” und andere.
Seit einigen Jahren blüht zu Zeiten der Internationalen Filmfestspiele in Berlin der schwunghafte Handel mit den Produkten aus den Traumfabriken in aller Welt.
In diesem Jahr waren rund 1.300 Filmwirtschaftler aus 40 Ländern vertreten. In zehn speziellen Kinos mit insgesamt 400 Plätzen wurde die Messeware vorgeführt. Umsätze auf dem Filmmarkt Berlin bleiben meist Branchengeheimnis. Der Erfolg der Film-Messe läßt sich gleichwohl ermitteln — wer hier gute Geschäfte gemacht hat, der kommt wieder.
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