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IM STREIFLICHT

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TTBER die Salzburger Festspiele kann ein abschließendes und zusammenfassendes Urteil wohl noch nicht gefällt werden. Eines aber darf ruhigen Gewissens behauptet werden: die Ausstellung malerischer oder bildhauerischer Produktionen — die wohl hofften, daß von den Schauspielen und musikalischen Ereignissen auch auf sie ein wenig Glanz falle —, diese Expositionen also erwiesen 6ich, mit ein oder zwei Ausnahmen, als arg danebengeraten. Eine Ausstellung mit dem seit 1933 ein wenig ominös klingenden Titel „Volksnahe Kunst“ bewirkte zum Beispiel das seit sechs Jahren einzig dastehende Wunder, alle Kritiker, große und kleine, linksstehende und rechtsorientierte, 6anfte und hitzige, zu einmütiger Ablehnung zu bewegen Sie lenkte übrigens ein wenig von der Plastikausstellung im Zwerglgarten ab, die sich recht und schlecht, aber vergleichsweise konziliant, bemühte, die' Tradition der vorjährigen Thorak-Aus6tellung fortzusetzen. Gegen beide Schaustellungen wäre im Grunde nicht gar so viel einzuwenden, wenn sie nur nicht mehr oder weniger offensichtlich als „Kampf “ausstell ungen wider unsere hierzulande als „volksfremd“ verrufenen, vom Ausland und den Fachleuten aber anerkannten „Modernen“ und nicht als „repräsentativ“ gelten wollten und ihnen zweitens das entsprechende Gegenbeispiel zur Seite stünde. Das ist aber, leider, kaum der Fall. Der allgemeine Kunstslreit — der ja ganz und gar nicht um Leistungen, sondern um vage „Richtungen“ geführt wird — hat auch die Salzburger Kiinstlei6diaft in zwei Lager gespalten; erst als die Festspiele ihren Höhepunkt schon iberschritten hatten, zogen die Könner unter den Salzburger Künstlern in ihr Au6tellungs-haus ein — was vorher dort war, bleibe unausgesprochen .., Nun, die Kritiken sprachen hier und draußen eine deutliche Sprache. Es wird Aufgabe der für die Salzburger Festspiele 1952 verantwortlichen Stellen, aber audi der öffentlichen Kritik sein, dafür zu sorgen, daß im kommenden Sommer die Ausstellungstätigkeit in vernünftige Bahnen gelenkt wird und nicht einer kunstkampf-fanati-schen und engherzigen Privatinitiative vorbehalten bleibt. ,

TpYP A: Trauernder Engel mit Schwert oder Palme (sehr würdig). Typ B: Junger Krieger, entblößt mit Lorbeerkranz (6ehr eindrucksvoll), oder mit Stahlhelm, Ausrüstung nach Wahl. Typ C: Obelisk mit Schriftplatte, bester Kunststein, prima gestockt (einfach und feierlich). — So lautet das Angebot einer Wiener Kriegerdenkmalerzeugungs AG, deren Agenten die Steiermark — man darf wohl sagen: heimsuchen. Und, wie man hört, über Mangel an Aufträgen nicht zu klagen haben. Kommt auch das wieder? Die österreichischen

Städte, Märkte und Gemeinden haben nach dem ersten Weltkrieg eine wahre Hausse in vorfabrizierten Kriegerdenkmälern erlebt — welche Folgen das gehabt hat, kann man heute noch an Tausenden steinerner Kitschgreuel allerorten in Osterreich ablesen. Nichts gegen Gefallenenmaie, nichts gegen Kriegergedenksteine! Aber schön sollen sie sein und dem jeweiligen Aufstellungsort angepaßt. Nicht am Fließband fabriziert. Den Kulturreferaten bei den Landesregierungen und unseren Denkmalämtern eröffnet sich ein neues Betätigungsfeld, wie es scheint.

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TIE weiß-roten Wagen der Wiener Straßenbahn 6ind ein charakteristischer Teil des Straßenbildes unserer Bundeshauptstadt. Groß war also die Freude, als man hörte, daß nach mehr als zwanzig Jahren endlich wieder neue Triebwagen in den Dienst gestellt werden sollen. Doch als man die ersten von ihnen auf der Probefahrt sah, gab es Enttäuschungen: Klotzigen, ungeschlachten Gesellen ähneln sie — nicht nur im Vergleich zu den neuen schnittigen Garnituren in den Straßen anderer europäischer Großstädte, sondern auch ibu ihren älteren Wiener Brüdern, die nun schon Jahrzehnte lang brav ihre Kreise um die Wiener City ziehen. Technisch mögen sie ja einwandfrei sein und möglicherweise auch auf der Höhe der Zeit stehen — Ihr Aussehen jedoch läßt mehr als einen Wunsch offen. Sie sind schlecht proportioniert, wirken altmodisch und verbreiten irgendwie den unbestimmten Eindruck von Ärmlichkeit und Kleinstadtmilieu. Schade.

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TTON der Filmbiennale in Venedig kommen erfreuliche und andere Nachrichten, Zu den ersteren gehört die Auszeichnung des österreichischen „Dokumentarfilms mit Spielhandlung' von Dr. Haß, .Abenteuer im Roten Meer“, mit dem Internationalen Preis für Großdokumentarfilme. Wie verlautet, sollen wir darüber hinaus noch andere Eisen im Feuer haben, leider nur in der Abteilung Kulturfilm, da der einzige für Venedig vorgesehene österreichische Spielfilm, .Wien tanzt“, im letzten Augenblick aus höherer Diplomatie nicht eingereicht wurde. Eine sehr unrepräsentative Vertretung wird dem westdeutschen Film nachgesagt. Der „Theodor im Fußballtor“ mag auf sommerlichen Festi-valen in Dinkelsbühl oder Kyritz-Pyritz Furore machen — in Venedig dürfte er es gegenüber der internationalen .Stürmerreihe“ schwerer haben. Zum Uberfluß prangt auch noch „Die Sünderin“ in der Vertretungsliste — gottlob in der deutschen; denn wenn sich dabei jemand der Heimat des Regisseurs erinnern sollte, müßten wir sanft errötend zur Seite blicken.

TLIARRY Piel verkörpert für jeden Filmkun-digen, zum Teil aus eigenem Erleben, zum Teil nur meb ■ us grauer Saga her, ein Stück unsterblichen, liebenswürdigen Kintopps. Unverblichene Erinnerungen an halsbrecherische Kriminalaktionen, tollkühne Tierdressurakte knüpfen sich an seinen Namen, für das weibliche Geschlecht auch leise rumorende Reminiszenzen an einen Beau-Typ vergangener Tage, der es durchaus mit Psylan-der, Liedtke und Novarro aufnehmen konnte. Nun war Harry dieser Tage persönlich in Wien, um einen rechten — schlechten Film aus der Taufe zu heben. Ein wenig rundlicher und grauer, als wir ihn in Erinnerung hatten, aber sonst der liebe, alte Schwerenöter. Dem Lebensalter Rechnung tragend, beciret er jetzt weniger Backfische als vielmehr Tiger und Schimpansen, und das nicht nur im Film, sondern ohne Trick, ohne Papier, ohne Stroh in Schönbrunn, wo er, offenbar von der rührigen Verleihfirma nicht wenig gedrängt, eine Grati6vorstellung vor und in den Käfigen gab. Die Tiere und Menschen benahmen sich dabei sehr unterschiedlich. Am vernünftigsten erscheint uns noch das Vorgehen des Tiergartendirektors, der, unberührt von allen volkstümlichen Kundgebungen ringsum, dem Amateurdompteur kurzerhand das Betreten der Raubtierkäfige — na, 6agen wir: — als nicht angezeigt hinstellte. Mit einigem Nachdruck, hört man. Die Sensationslustigen meuterten zwar. Aber die Tiere waren's zufrieden. Und Harry Piel vermutlich auch.

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