Medienpolitik cum grano salis

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Einmal mehr wird der ORF als in Parteienhand befindlich kritisiert: Bei der Verleihung des Concordia-Preises, den diesmal die ZIB-Redakteure für ihren Protest gegen politische Einflussnahme entgegennehmen durften, meinte der Wiener Verfassungsrechtler Heinz Mayer, bei der Politik herrsche offenbar der Konsens, "dass der ORF nicht den Bürgern, sondern den Parteien gehört.“ Insbesondere der Stiftungsrat erweise sich dabei als "Organ der parteipolitischen Steuerung des ORF.“ Mayer: "Einzelne verstehen sich als Handlanger der Parteien“, offenbar wüssten sie nicht, dass sie zur Unabhängigkeit verpflichtet sind, sondern hätten es sich "im Schoß ihrer Partei gemütlich gemacht - das spricht gegen sie, aber noch viel mehr gegen die, die sie bestellt haben. Diese haben Befehlsempfänger gesucht und gefunden.“

Diese Kritik aus Professorenmund ist eines der ceterum censeos, das jeder Beobachter österreichischer Medienpolitik im Munde führt. Leider haben an diesem Befund auch die Novellen zum ORF-Gesetz nichts, aber auch gar nichts geändert. Nun kündigt Medienstaatssekretär Josef Ostermayer den nächsten Versuch an, die ORF-Gremien, namentlich den Stiftungsrat, zu verkleinern und zu professionalisieren. Abgesehen davon, dass die ersten die dabei "Feuer“ schreien, Ländervertreter sind, die sich "ihr“ Landesstudio bislang je nach Couleur herrichten konnten, ist von politischen Lippenbekenntnissen nichts zu erwarten: Es liegt schlicht und einfach in der Logik der heimischen Parteipolitik, dem ORF gerade so viel Unabhängigkeit zuzugestehen, wie es den jeweils am Ruder befindlichen Parteien am wenigsten wehtut. Und natürlich gäbe es Beispiele von Strukturen, die den politischen Einfluss zu minimieren trachten - etwa bei der BBC. Aber diese greifen vielleicht jenseits des Ärmelkanals. Doch Österreich liegt bekanntlich dieseits davon. Darum ist auch des Medienstaatsekretärs Ankündigung cum grano salis zu nehmen.

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