Karenzgeld - eine endlose Geschichte

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Fast könnte man schon ein wenig ungeduldig und ungehalten werden. Den ganzen Wahlkampf lang war die Familienpolitik, insbesondere das Karenzgeld, der BezieherInnenkreis und die Bezugsdauer vorrangiges Thema, und auch im Zuge der Koalitionsverhandlungen I und II wurde hin-und hergerechnet und -argumentiert: Kinderscheck, Karenzgeld für alle, Karenzgeld für alle, die es brauchen, Lastenausgleich, Versicherungsleistung, Aufwertung der Familienarbeit , jedes Kind ist gleich viel wert, Frauen zurück an den Herd ... kein Klischee ist uns erspart geblieben.

Nachdem nun im Koalitionspakt das Karenzgeld für alle festgeschrieben wurde, durfte man wohl auf ein Ende der Debatte hoffen.

Aber nein: plötzlich endeckt die FPÖ die Frage der Treffsicherheit von Sozialleistungen und macht sich munter daran, das Pakt-Paket wieder aufzuschnüren und Karenzgeld (nur?) für die "sozial Schwachen" zu propagieren. Und da muß wohl ein Trugschluss zugrunde liegen: Sozialleistung sollte es wohl in keiner der bisherigen Interpretationen sein, sondern es ist entweder tatsächlich eine Versicherungsleistung, die für eine Zeit des Einkommensausfalls einen minimalen Ausgleich bietet, oder aber es ist eine Familienleistung: ein Beitrag für alle diejenigen, die es auf sich nehmen, Kinder zu haben (und dadurch auch längerfristig keiner ausserhäuslichen Erwerbsarbeit nachgehen können oder wollen und keine Anwartschaften erwerben).

Wäre das Karenzgeld eine Sozialleistung, müsste man - und davon war bisher nirgendwo die Rede - ja vor allem die mehrfach benachteiligten Alleinerzieherinnen und ihre Kinder berücksichtigen, für die in den letzten Jahren kontinuierliche Verschlechterungen in Kauf genommen wurden - insbesondere im Hinblick auf die reduzierte Bezugsdauer durch die fehlende Möglichkeit, die Partnerkarenz zu nützen ... Und wäre das politische Ziel, eine stärkere Verschränkung von Familienpolitik und Sozialpolitik zu erreichen, läge es nahe, nicht nur nach der Treffsicherheit von Leistungen, sondern nach dem grundsätzlichen Bedarf zu fragen.

Im Übrigen sind es nicht immer und nicht nur Transferzahlungen und Geldleistungen, die Familien benötigen. Betrachtet man die Problemszenarien der letzten Wochen - von Kindesweglegung- und Tötung bis zu Gewaltdelikten und Morden an (Ex-)Partnern, wird klar, daß es in unserer Zeit immer schwieriger wird, "Familie zu leben".

Die Autorin ist Professorin für Gesellschaftspolitik an der Universität Linz.

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