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Begehrliche Blicke auf das Karenzgeld

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Der Vorschlag von ÖVP-Generalsekretärin Ingrid Korosec, das Karenzgeld für 1994 „einzufrieren”, stößt auch in ihrer eigenen Partei auf massive Ablehnung: ÖVP-Frauenchefin Rosemarie Bauer ortet einen „Hitzekoller” und ÖAAB-Obmann Josef Höchtl warnt vor „Verunsicherungen”.

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Der Vorschlag von ÖVP-Generalsekretärin Ingrid Korosec, das Karenzgeld für 1994 „einzufrieren”, stößt auch in ihrer eigenen Partei auf massive Ablehnung: ÖVP-Frauenchefin Rosemarie Bauer ortet einen „Hitzekoller” und ÖAAB-Obmann Josef Höchtl warnt vor „Verunsicherungen”.

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„Ich halte diese Debatte um das Karenzgeld für reinen Wahnsinn, das verunsichert nur die Frauen und untergräbt die Frauenpolitik, die wir in den letzten Jahren und Jahrzehnten beschritten haben”, kritisiert ÖVP-Frauenchefin Rosemarie Bauer gegenüber der FURCHE den Vorstoß ihrer Parteifreundin: „Ich bin fassungslos über meine Parteifreunde!”

„Vielleicht ist da ein Hitzekoller ausgebrochen”, mutmaßt Bauer über die möglichen Hintergründe des Korosec-Vorstoßes. Die ÖVP-Frauenchefin ist gegen Bestrebungen, „da und dort auf Kosten der Frauen und der Familien einzusparen”.

Familienpartei

Scharf ins Gericht geht Bauer mit jenen Granden ihrer Partei, die zuletzt laut über Maßnahmen gegen vermeintlichen Sozialmißbrauch und eventuelle Einsparmöglichkeiten auf Kosten der Familien und einkommensschwacher Bevölkerungschichten nachgedacht haben: „Bis jetzt habe ich immer geglaubt, wir sind eine Familienpartei mit gewissen Werten, die man nicht gleich bei den kleinsten budge-tären Schwierigkeiten aufgibt.”

Schwierigkeiten hätte es schon immer gegeben, „aber die Frauen und Familien sind sicher die letzten, die hier die Schuld an diesem Desaster haben”, unterstreicht Bauer. „Jetzt einfach zu sagen, wir nehmen die Erhöhung weg”, findet Bauer schlichtweg „verantwortungslos”. Die ÖVP-Nationalratsabgeordnete gibt „Sozialminister Hesoun recht, der gesagt hat, mit dieser Debatte würden nur die

Frauen verunsichert”.

Bauer fühlt sich bei diesem Lob für den so-zialdemokratischen Sozialminister nicht ganz wohl, denn „wenn jetzt der Hesoun als Retter des Karenzgeldes auftreten muß, dann kann ich nur sagen, traurig, traurig, wenn gerade Wir Verunsicherung in dieDiskussion hineintragen”. Die VP-Frauenchefin zeigt sich kämpferisch: „Ich bin nicht bereit, von dem, was wir jetzt ausgehandelt und durchgesetzt haben - für die Frauen, Familien und Kinder -, auch nur ein Jota abzugehen.” Und das mit einem „guten Gewissen, da das Karenzurlaubsgeld der Allgemeinheit nicht schadet. Denn wenn ich diese Gruppen fördere, dann habe ich etwas Gutes für die Zukunft getan”, betont Bauer.

Auch zur Karenzgeld-Mißbrauchsdebatte haben die ÖVP-Frauen Verbesserungsvorschläge parat: „Ein einheitliches Karenzgeld und dann neue Kriterien für all jene, die Anspruch auf ein höheres Karenzgeld haben.” So wäre etwa eine „Einkom-mensoffenlegung sinnvoll”, da diese nicht so schwer zu kontrollieren sei. Schon jetzt müßten alle familienrelevanten Förderungen über die Finanzämter abgewickelt werden, wo „man seine etwaigen Ansprüche auch glaubhaft machen muß”, so Bauer.

Die sommerliche Karenzgelddebatte hatte FP-Obmann Jörg Haider eröffnet, als er die Aussetzung des zweiten Karenzjahres bis zur endgültigen

Sicherstellung der Finanzierung vorgeschlagen hatte. Diese Forderung wiederholte auch FP-Nationalratsabgeordnete Edith Haller gegenüber der FURCHE. Haller bezeichnete den Korosec-Vorschag als „Nebenschauplatz”, da er „an den eigentlichen Problemen der Familienpolitik vorbeigehe”. Mitten in der sommerlichen Hitzeperiode schlug VP-Obmann Erhard Busek vor, das „erhöhte” Karenzgeld (7.914 Schilling monatlich) zu streichen.

Das „erhöhte” Karenzgeld kommt vor allem alleinstehenden Müttern und einkommensschwachen Eltern zugute. Die von Busek und Haider vorgeschlagenen Maßnahmen sollten dazu dienen, die leeren Kassen der Arbeitslosenversicherung und des Familienla-stenausgleichsfonds zu füllen. Gegenüber der FURCHE verteidigte Korosec ihren Vorschlag: „Wir müssen darüber nachdenken, ob man nicht bei diversen Transferleistungen unter Beachtung sozialer Gesichtspunkte eine automatische Valorisierung vielleicht für ein

Jahr aussetzt.” Das Thema Karenzgeld selbst dürfte „nicht als Einzelmaßnahme angesehen werden”. Die VP-GeneralSekretärin wollte nur „einen Denkanstoß geben, daß man auch hier einmal nachdenken sollte”.

Korosec zum Thema Einsparen im Sozialbereich: „Wer sich eventuelle Sparmaßnahmen überlegt, der muß sich überlegen, wo so etwas machbar wäre, aber immer unter dem Aspekt, nicht weh zu tun.” Korosec wollte das Vorhandensein eines geheimnisvollen, koalitionsinternen 20-Punkt-Sparprogrammes nicht ausschließen, bekräftigte aber auf Nachfrage der FURCHE, daß „auch das Karenzgeld darunter sein könnte”.

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