Von Vorteil für Patient und Arzt

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Medizin wird immer komplexer: Die Diagnosen werden genauer, die Medikamente ausgefeilter, die Therapiemöglichkeiten mannigfaltiger, nicht immer zum Wohl der Patienten. Denn mit der Verlängerung des Lebens wird oft auch das Leid der Betroffenen verlängert, mit der Steigerung der Heilungsmöglichkeiten steigt nicht immer auch die Lebensqualität.

Soll man einen Patienten im Wachkoma auf unbegrenzte Zeit künstlich ernähren? Soll man alle Behandlungsmethoden ausschöpfen, ehe man den Patienten für "austherapiert" erklärt und ihn sterben lässt? Für viele ist das eine Frage der Moral! Oder doch der Ethik? In seinem Beitrag "Ethik, Moral, Autonomie" ging der Wiener Palliativmediziner und Ethiker Michael Peintinger, zugleich dafür zuständiger Referent der Ärztekammer für Wien, auf diese Fragen ein.

Dass Ethik und Moral synonym verwendet werden, es sich jedoch um zwei unterschiedliche Dinge handelt, stellte Peintinger gleich zu Beginn fest. Mit Moral, genauer: mit einem Moralsystem, lasse sich die Gesamtheit von Regeln, Werten und Normen beschreiben. Die Ethik als Teilgebiet der Philosophie hingegen frage nach dem "Warum" der Moral.

Konkreter Beitrag im Alltag

"Während Moral also die Praxis unseres Handelns bedingt, stellt die Ethik als Wissenschaft jenes Instrumentarium zur Verfügung, welches es ermöglicht, diese Entscheidungen und Handlungen anhand der bestehenden Normen und Werte entweder zu begründen, oder das Abweichen von ihnen aufzuzeigen", so Peintinger.

Gerade für eine multikulturelle Gesellschaft sei Ethik im Gesundheitsbereich von großer Bedeutung. Sie könne helfen, weitgehend unbewusste moralische Konnotationen und Wertungen im Gespräch Patient-Arzt aufzeigen und so zu einer Entscheidungsfindung beitragen, die das beste für den zu behandelnden Menschen will, unabhängig von Moralvorstellungen.

Anders gesagt: Es geht um die Selbstbestimmung des Patienten. Der entscheidende Punkt sei, dass "ein soziokulturelles Umfeld, in welchem kollektive - also religiös oder politisch begründete - Normen den Vorrang gegenüber dem Wert individueller Freiheiten besitzen, die Ausgestaltung der individuellen Selbstbestimmung als weniger bedeutsam beschreiben kann", erklärt Peintinger.

In diesem Sinne könne Ethik einen konkreten Beitrag im Alltag leisten. "Die Förderung der Sensibilität für das Wort selbst und seine moralischen Konnotationen, die Pflege der Aufmerksamkeit auf die Verwendung unterschiedlicher Argumentationsformen, die aus der Diskursethik bekannte Trennung von Sachebene und Wertebene, sowie Elemente der idealen Sprechsituation im Sinne der Gleichwertigkeit der Gesprächspartner, der Wahrhaftigkeit und Redegleichheit können dabei - aber auch allgemein bei ethischen Fragestellungen - hilfreiche Dienste leisten", sagt Peintinger. Seine Zusammenfassung: Ethik helfe Ärzten, besser auf die Bedürfnisse der Patienten einzugehen, was wiederum auch ihnen nütze.

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