6637959-1957_26_31.jpg
Digital In Arbeit

Neger singen und beten

Werbung
Werbung
Werbung

Spirituals. Geistliche Lieder der Neger Amerikas. Originaltexte, Melodien und Uebertragungen. Herausgegeben von Joachim Emst B e r e n d t und Pari- dam von dem Knesebeck. Nymphenburger Verlagsbuchhandlung, München. 88 Seiten.

Das Bändchen enthält Texte und Noten von 38 geistlichen Liedern der nordamerikanischen Neger, der bekannten „Spirituals" (die heute entstehenden „Spirituals“ werden „Gospel-Songs" genannt). Diese Spirituals wurden seit dem amerikanischen Bürgerkrieg, wo der Führer einer Einheit seine Soldaten abends am Feuer unbekannte Lieder singen hörte, die ihn stark beeindruckten, gesammelt. Die erste Buchausgabe erschien 1867 unter dem Titel „Slave Songs of the United States"; auch als „Sorrow-Songs" wurden die meist traurig klingenden Lieder bezeichnet, doch nannte sich der erste Chor von Negerkindern, der auf Tourneen durch die Ver- einigun,.Staaten -und durch Europa 4i e Lieder be- kSnntmachte, im Gegensatz dazu „Jubilee Singers", ln einem sehr informativen Nachwort berichten die beiden Herausgeber, daß die heute entstehenden „Gospel-Songs“ nicht nur Schöpfungen bekannter Künstler, die aus dem reichen Fundus der Folklore Anregungen beziehen, sind, sondern oft einen spontanen Ursprung haben. In der kindhaften und vertrauensvollen Frömmigkeit der Neger liegt in der Tat ein archaisches Element und damit auch die Gabe zu echter Improvisation. Es ist eine Gläubigkeit, die unmittelbar Wort wird, die hörbar und sichtbar Gestalt annimmt, wenn heute in einer der Negerkirchen in Harlem einer der Neger in, die Predigt des Priesters einfällt, ein Wort wiederholt, ein Klagewort anfügt, ihm sogleich eine andere Stimme antwortet, der erste einen Ton angibt, eine Melodie gefunden, und in stark akzentuiertem Rhythmus ein geistliches Lied geboren wird. Diese spontane Liedentstehung, wie sie uns die Herausgeber schildern, muß ein mitreißendes Geschehen sein, das zu erleben wohl eine Reise nach Amerika wert wäre. Die ungebrochene ursprüngliche Glaubenskraft, die sich in solch einem Lied ausdrückt, ist zu bewundern; sie macht verständlich, warum uns jedes der in diesem Bändchen gesammelten Spirituals so unmittelbar berührt. Wir leben in einer Zeit, die dem Archaischen aufgeschlossen ist . wie keine in den letzten tausend Jahren. Das ganze Phänomen der modernen Kunst läßt sich ja nur durch die neue Erleb- barkeit der Welt des Mythos erklären. Wer diese Spirituals gehört hat, wird verstehen, was der Dichter Paul Niger schrieb: „Am Jüngsten Tage wird die Trompete Armstrongs die Leiden der Menschheit interpretieren.“

Herrlich wird Er auferstehn. Negro-Spiritualt. Nach der Auswahl von E. P. Watkins übertragen V , „Alfarii, k.. ZeichaHPgf®„„ YSB JjjjĮjB ,

Lindquist. Im Verlag der „Arche“, Zürich. 56 Seiten. Preis 2.80 DM.

In der Reihe der kleinen Bücher der „Arche", von denen jedes durch Inhalt und Ausstattung eine Kostbarkeit ist, erscheint eine zweisprachige Auswahl — englisch und deutsch — christlicher Negerdichtung. Wenn Neger das Leben des Herrn singen und beten, tritt uns eine Glaubenskraft entgegen, wie sie in unserer Zeit selten geworden ist, eine Glaubenskraft, die den stärksten Manifestationen christlichen Geistes in der Kunst, den Buchmalereien des syrischen Code Rossanensis und den Glasfenstern der Kathedrale von Chartres etwa, standzuhalten vermag. Der erste Teil der Auswahl bringt echte Volkslieder, der zweite Gedichte zur Epiphanie und zum Kreuzweg von bekannten Dichtern: Countee Cullen, Langston Hughes, Arną Bontemps. Diese Sammlung greift auf ältere zurück, die schon früh Spirituals zu einem Zyklus der wesentlichen Stationen im Leben und Leiden Christi vereinigten.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung