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Ein steirisches Hymnenkompromib

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Eine sanfte Heiterkeit schwebt um die Geschichte der Haydn-Hymne, seitdem sie amtlich totgemacht und durch die Krönung einer Nachfolgerin, vorgenommen von einer höchst ehrenwerten Jury, feierlich für noch toter erklärt worden ist. Zwar war alle Welt einer Meinung darüber, daß man etwas Unsterbliches begraben wollte, aber Dekret ist Dekret und Ordnung muß sein. Also basta! Eine Melodie, die unter schweren Bezweiflungen Mozart zugeschrieben wurde, war da. Aus einem Papienmeer guter und schlechter Liedtexte hatte man den einer wirklichen Dichterin glücklich herausgefischt. Jetzt konnte sonach die neue Hymne unter Begeisterung starten. Man übte sie denn auch in den Schulen, druckte sie auf viel Papier, spielte sie auch, wie es sein muß, bei verschiedenen offiziellen Gelegenheiten. Aber österreichische Hymne? Immer, wenn man sie bei amtlichen Anlässen exekutiert, huscht ein leises Lächeln über viele Gesichter: Das soll sie sein?...

Die Obersteirer waren immer ein sangesfreudiges Völkchen. Sie halten auch etwas auf eine richtige Hymne. Wie uns von einer sehr zuständigen Seite aus dem oberen E n n s t a 1 berichtet wird, hat man dort eine geniale Kompromißlösung gefunden. Man singt dort jetzt nach dem neuen Text und nach der alten Melodie. Es gibt dabei freilich unter den Rhythmen der Verse von Paula Preradovic Hals- und Beinbruch, aber die Hauptsache ist den Sängern, daß sie dabei doch die alte Haydn-Hymne singen können. Das widerspricht nun zwar gänzlich dem, Sinn der verordneten Hymnenreform. Aber diese Ennstaler sagen störrisch, mindestens beim Singen sollte man sie mit Amtsvorschriften in Ruhe lassen. — Das sind die höflichen Stimmen. Man hört — und nicht nur aus Steiermark — zum Thema noch andere, die wir wiederum aus Höflichkeit nicht zitieren.

Eine historische Reminiszenz, die nicht bloß Anekdote ist: Als Bundespräsident H a i n i s c h seinen Staatsbesuch in Prag machte, hub in der glänzend paradierenden militärischen Front die Militänmusik zur festlichen Begrüßung zu spielen an. Da flüsterte Hainisch, der sofort den Hut abgenommen hatte, dem neben ihm stehenden österreichischen Gesandten Dr. Marek zu: „Das ist ja gar nicht ,Kde domov muj'!“ und wollte wieder den Hut aufsetzen. Darauf eiligst der Gesandte: „Um Himmels willen, unten behalten! Es ist ja unsere Kienzl-Hymne!“

Wenn Bundespräsident Dr. Renner eines Tages seinen Besuch in Prag bei Dr. Benesch machen wird, kann ihm ähnliches nicht passieren. Denn er ist durch das Beispiel gewarnt.

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