Erfrischend & unprofessionell

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Nachdem die erste Welle der Privatradios im April das Land überschwemmt hat, machen sich nun sukzessive die kleineren Projekte daran, über den Äther zu gehen: Die Radiolandschaft ist unüberschaubar geworden - und teilweise vor allem als "Lokalereignis" zu bewerten.

Daher ist es dem Furche-Beobachter in Wien nicht möglich, erste Eindrücke zu Anstalten wie Radio Maria, das am Fest "Maria Namen" den Betrieb aufnahm, zu berichten: der Verkündigungssender ist ja nur in Sonntagberg und Umgebung zu hören. Auch Radio Stephansdom, das sich neuerdings als "Klassik"-Radio andient, muß unrezensiert bleiben, da der Sendebetrieb erst in diesen Tagen beginnt.

In ein von den Kommerzregeln unberührtes Radio kann in Wien aber doch hineingehört werden: Radio Orange (das in Furche 35/98 vorgestellt wurde) hat gerade den ersten Monat on air hinter sich gebracht. Die Klassifizierung nach ersten Höreindrücken: erfrischend und unprofessionell. Dieses doppelte Urteil ist kein Widerspruch: Denn dem Sender aus der freien Radioszene ist zu bescheinigen, daß das Konzept "Interessant durch Unbedarftheit" zumindest zur Zeit aufgeht; ein Beispiel - aus vielen - dafür ist, daß die Moderatorin der Morgensendung sunrise orange einen veritablen Hustenanfall bekommt, der ihr das Lesen unmöglich macht, und der den Hintergrundsound auch dann noch bestimmt, als die zweite Moderatorin weitermacht. Oder daß in selbiger Sendung vermeldet wird: "Heute spielt eine Band mit keltischem Namen ... den ich aber vergessen hab' ... die genaue Ankündigung steht sicher im ,Falter' ...", und eine Musiknummer später tatsächlich aus dem Falter vorgelesen wird, wie die Band heißt, und wo das Konzert stattfindet.

Ob das Unprofessionelle auch über die Zeit erfrischend bleibt, wird sich weisen. Auch daß manche Radio Orange-Sendung durchaus entbehrlich ist, verwundert wenig. Etwa am Sonntagabend, wenn ein "Altlinker" eine Art Seminararbeit über die Arbeiterbewegung im Italien des Jahres 1968 vorliest - garniert mit ein paar antifaschistischen Songs aus jener Zeit. - Aber ab nächstem Sonntag kann man da ja zum klassischen Radio Stephansdom wechseln, wo zu dieser Zeit "Nachgedacht - Musik und Gedanken" auf dem Programm steht ...

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