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Brecht in Linz

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Linz hatte wieder eine österreichische Erstaufführung: Bertolt Brechts „Kaukasischen Kreidekreis“. Mit diesem 1947 geschriebenen und 1948 in Amerika, 1954 in deutscher Sprache am Berliner Theater am Schiffbauerdamm aufgeführten Drama eröffnete er eine Reihe von Schauspielen, die einen bereits von einem anderen Dichter bearbeiteten Stoff in das kommunistische Weltbild transponieren-. Wie in seinen früheren Dramen ist die Handlung nur ein Modell. Sie wird verfremdet, damit sich der Zuschauer nicht mit dem Geschehen identifiziert, sich nicht innerlich ergreifen f läßt, ebensowenig wie der Schauspieler von seiner Rolle. Dafür haben auch der Kommentator und die Songs zu sorgen, die das kommunistische Lehrgut unterstreichen, das in den umgearbeiteten Dramen unorganisch und daher störend wirkt.

Die dem Stück zugrunde liegende Fabel stammt aus dem 11. Jahrhundert und aus'-dem Chihesistfien. /Es ist der; Streit zweier Frauen, die den Anspruch auf dasselbe Kind erheben. Sie gibt primitiv und nicht ohne Brutalität wieder, was schon die Bibel von Salomon und seinem weisen Urteil berichtet. Brecht stellt die von Klabund und J. v. Guenther in deutscher Sprache dramatisierte Fabel auf den Kopf und verlegt die Handlung in die Sowjetunion. Die Regie war Peter Weihs anvertraut, dem es offensichtlich nicht liegt, ein Stück lediglich linientreu nach der Modellaufführung einzustudieren. Er strich das bei Brecht wesentliche Vorspiel und säuberte den Dialog von allzu groben Derbheiten. Die Intensität der „Mutter Courage“ wurde weder vom Dichter noch von der Regie her erreicht. Von den mehr als 50 Mitwirkenden sei besonders auf Heinz Kot-tel (ein verwendbares Bühnenbild und gute Kostüme) sowie auf die unaufdringliche Wiedergabe der Musik von Paul Dessau mit wirksamen Songs durch Robert Filzwieser hingewiesen. Die schwierigste Aufgabe der Grusche wird von Eike Baum gemeistert. Anton Duschek bewährt sich als Erzähler Arkadi vorbildlich. Elfriede Gollmann gelingt es als Natella Abaschwili, die Konstruktion des weiblichen Theaterbösewichts zu überspielen. Rudi Joksch ist kein Brecht-Schauspieler, doch verdient seine Leistung als versoffener Dorfschreiber und Richter Anerkennung. Dies gilt auch für Gustav Dieflenbqcher als liederlicher Mönch und Polizist Schauva. Ihnen und vielen anderen Darstellern mit guten Leistungen galt sichtlich der nicht übermäßige Schlußbeifall am Premierenahend.

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