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Die kleine, heile Welt

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Wieder einmal liegt ein Jahrbuch der österreichischen Außenpolitik vor. Österreichs Medien studierten erst gar nicht den 614 Seiten starken Band (Berichtszeitraum 1987). Sie konzentrierten sich auf den Schlagabtausch zwischen Außenminister Alois Mock und seinen sozialistischen Kritikern Klubobmann Heinz Fischer und Peter Janko-witsch.

Ohne auf Inhalte der Kritik zu achten, erteilten Medien außenpolitischen Dissonanzen eine Absage. Ein österreichisches Groß-

format mit dem weiten Horizont meinte sogar, nirgends in der Welt werde Außenpolitik in Form eines Problemkatalogs dargestellt.

Der außenpolitische Sprecher der SPÖ, Peter Jankowitsch, hat andere Vorstellungen. „Der außenpolitische Bericht strotzt von Austroprovinzialismen“, hält er gegenüber der FURCHE fest. „Durch eine eingeengte Sicht begibt man sich der Aktionsmöglichkeit als neutraler Staat. Es kommt hier ein Weltbild mit unveränderlichen Sachzwängen zum Vorschein, aufgrund dessen man erst gar nichts versucht.“

In diesem Zusammenhang verweist Jankowitsch auf eine Passage im Abschnitt „Sicherheit, Rüstungskontrolle und Abrü-

stung“, in der es wörtlich heißt: „Eine solide Außen- und Sicherheitspolitik hat vor allem nüchtern und realistisch zu beurteilen, was in den internationalen Beziehungen und sicherheitspolitisch als unabänderlich vorgegeben ist.“ „Wenn etwas .unabänderlich“ ist“ — so Jankowitsch —, „brauchen wir mit Außenpolitik erst gar nicht anzufangen.“

Es sei „die größte Torheit“, das Ost-West-Spannungsverhältnis als „vorgegebenen Faktor“ zu sehen. Nach Jankowitsch ist das eine „Absage an ein Urmotiv österreichischer Außenpolitik“, nämlich zu versuchen, zur Entspannung beizutragen.

Weiters konstatiert Jankowitsch im außenpolitischen Bericht in manchen Bereichen eine Isolierung Österreichs von der öffentlichen Meinung der Welt. Deutlich werde dies beispielsweise bei der Darstellung Südafrikas.

„Die südafrikanische Regierung hält nach wie vor am System der Apartheid fest“, heißt es lapidar im „ahrbuch der österreichischen Außenpolitik“. Jankowitsch: „Kein Mensch der Welt schreibt mehr so etwas über Südafrika. Bei uns will man mit Ge-

walt etwas anderes schreiben.“

Hat Jankowitsch recht? Ein Blick in den neuesten „ahresbericht der Bundesregierung“ der Bundesrepublik Deutschland ergibt hinsichtlich „Ost-West-Verhältnis“ und „Südafrika“ folgenden Befund:

Die deutsche Bundesregierung erwartet „von einer breit angelegten und langfristigen Zusammenarbeit“ mit der Sowjetunion und den Staaten des Warschauer Paktes „positive Rückwirkungen auf die Behandlung kontroverser und sicherheitspolitischer Fragen“.

Südafrika — so heißt es im Bericht des bundesdeutschen Auswärtigen Amtes — sei bedroht von zunehmender staatlicher Repression und von einem Klima der Gewalt und Gegengewalt.

„Für die Bundesregierung steht fest, daß dieser unheilvollen Entwicklung ein Ende gesetzt werden muß. Sie hält daran fest, daß nur ein grundlegender Wandel eine

menschliche und politische Katastrophe in Südafrika abwenden kann. Deshalb setzt sie sich zusammen mit ihren europäischen Partnern und westlichen Verbündeten entschlossen für eine schnelle Uberwindung der Apartheid und für die Abschaffung jeder Form von rassischer Diskriminierung ein.“

Der österreichische außenpolitische Bericht verweist nur auf eine konsequente Politik der Verurteilung der Apartheid Südafrikas durch Österreich im vergangenen Jahr.

Ist Österreichs außenpolitische Welt zu heil? Jankowitsch spricht von einer „heilen Welt des Alois Mbck“, die besonders klar in der Behandlung der Affäre um Bundespräsident Kurt Waldheim zutage trete. Für Jankowitsch „das wichtigste außenpolitische Hindernis“, kennt der außenpolitische Bericht nur eine Chronologie der amerikanischen Watch-list-Entscheidung.

Eine Auseinandersetzung mit Österreichs Imageproblem gibt es überhaupt nicht. Damit erscheint Österreichs Außenpolitik als statisch und perspektivenlos.

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