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FURCHE: In Österreich wird seit geraumer Zeit die These verkündet, wenn man sich für eine politische Lösung des Nahostproblems engagiert, ist das der beste Ansatz, den Terror zu verhindern. Tatsache ist, daß Österreich zu einer bevorzugten Zielscheibe des Terrors geworden ist. Hat nicht die Realität die These ganz eindeutig widerlegt?

PETER JANKOWITSCH: Ziel der österreichischen Nahostpolitik war und bleibt das Bemühen, zur friedlichen Lösung eines Konflikts beizutragen, der schon durch seine geographische Nähe Europa und die Sicherheit dieses Kontinents bedroht.

Österreich hat daher besonders seit den siebziger Jahren zu jenen Ländern gehört, die immer wieder Anstrengungen unternommen haben, den Parteien im Nahostkonflikt, vor allem auch den Palästinensern, die Vorteile einer politischen Strategie gegenüber einer Strategie der Gewaltanwendung vor Augen zu führen. Ohne Zweifel ist es dieser Politik durch lange Jahre gelungen, die anfangs der siebziger Jahre machtvoll auflodernde Flamme des Terrors weitgehend einzudämmen und nicht nur Österreich von Terroranschlägen weitgehend zu verschonen.

Weder damals noch heute ist daher Österreich eine „bevorzugte Zielscheibe des Terrors“ geworden. Flackert heute der Terror wieder auf, so liegt der Grund dafür keineswegs in der österreichischen Nahostpolitik. Ursache ist vielmehr eine Stagnation des Friedensprozesses im Nahen Osten und eine damit verbundene Radikalisierung, nicht nur im Lager der Palästinenser.

Die Realität bestätigt also die österreichische These, daß nur Fortschritte im Friedensprozeß

auch den Terror ausrotten können.

FURCHE: Darf sich Österreich im Hinblick auf das damit verbundene Sicherheitsrisiko für die Bürger des Landes weiterhin so wie bisher exponieren?

JANKOWITSCH: Ein „Sicherheitsrisiko“ für die Bürger unseres Landes geht von Konflikten aus, die, wie im Nahen Osten, immer wieder auch auf europäische Länder übergreifen. Dadurch, daß Österreich Friedensbemühungen im Nahen Osten unterstützt, Verhandlungen statt Krieg zwischen Parteien fördert, werden wohl kaum die Bürger des eigenen Landes gefährdet, wohl aber Voraussetzungen geschaffen, um menschliches Leben vor allem im Nahen Osten zu retten.

Passivität ist keine Versiche-rungspolizze gegen den Terror, der oft auch scheinbar unbeteiligte Zuschauer treffen kann.

FURCHE: Was für unsere Begriffe blutige Terroristen sind, sind zum Beispiel für Libyens Oberst Gadhafi Freiheitskämpfer undHelden. Ist es überhaupt möglich, bei dieser Sprachverwirrung zu einem Ergebnis in der Sache zu kommen?

JANKOWITSCH: Der Schlüssel zur Lösung des Nahostkonfliktes liegt nicht in semantischen Manövern oder einer Einigung über den Begriff des Terroristen. Österreich kann so wie alle anderen westlichen Demokratien sehr wohl zwischen Terroristen und jenen unterscheiden, die mit friedlichen und politischen Mit-

teln für das Selbstbestimmungsrecht ihres Volkes kämpfen. Daher gehört es zum Wesen der österreichischen Nahostpolitik, den Terror und alle jene, die ihm Vorschub leisten, energisch zu verurteilen.

FURCHE: Offensichtlich messen wir sowohl Gadhafi als auch die PLO, nach europäischen völkerrechtlichen Maßstäben. Kann man darauf eine sinnvolle Nahostpolitik aufbauen?

JANKOWITSCH: Nur dann kann die Nahostpolitik zu einem friedlichen Zusammenleben der Völker dieser Region, besonders zwischen dem israelischen und den arabischen Völkern führen, wenn dieses Zusammenleben nach den Grundsätzen der Charta der Vereinten Nationen und den allgemein anerkannten Regeln des Völkerrechtes geordnet wird.

Mit Gewalt und Terror kann eine dauerhafte Friedensordnung nicht erzwungen werden. Werden heute diese Grundsätze im Nahen Osten immer wieder verletzt und verhöhnt, so darf darin keine Rechtfertigung gesehen werden, Recht und Gerechtigkeit als Basis zwischenstaatlicher Beziehungen überhaupt zu verwerfen.

FURCHE: Welche Konsequenzen zieht jetzt die Sozialistische Partei aus den blutigen Terrorerfahrungen für die Außenpolitik des Landes?

JANKOWITSCH: Aus den letzten Terroranschlägen in Österreich und Italien hat die von der Sozialistischen Partei geführte Bundesregierung rasch und ent-

schieden Konsequenzen gezogen: Sie hat vor allem mit den Nachbarstaaten die Zusammenarbeit gegen den Terror verstärkt und damit sehr eindeutig bewiesen, daß sie verbrecherischer Gewalt entgegenzutreten versteht. Sie hat aber auch Bereitschaft bekundet, an den bewährten Grundsätzen ihrer Nahostpolitik festzuhalten.

FURCHE: Oft hört man aus der SPÖ, Osterreich sei geradezu prädestiniert, eine Vermittlerrolle im Nahen Osten zu spielen. Schweiz und einige skandinavische Länder sind ebenfalls neutrale Staaten, die jedoch weitaus weniger im Nahen Osten involviert sind. Haben wir besondere Voraussetzungen dafür?

JANKOWITSCH: Die SPÖ hat in den letzten 16 Jahren viele Beweise dafür geliefert, daß sie imstande ist, die Außenpolitik Österreichs erfolgreich und mit großem Gewinn an Ansehen für unser Land zu führen: Die törichte Forderung nach einer Vermittlerrolle für Österreich in irgendeinem Konflikt hat sie nie erhoben, schon gar nicht im Nahen Osten. Allerdings haben immer wieder Parteien im Nahen Osten die guten Dienste Österreichs in Anspruch genommen: für die Auswanderung sowjetischer Juden aus der UdSSR, für den Austausch von Kriegsgefangenen und in vielen anderen humanitären Fragen.

Botschafter Dr. Peter Jankowitsch ist Abgeordneter zum NR und außenpolitischer Sprecher der SPO. Mit Peter Jankowitsch sprach Alexander Orssich.

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