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Ein Vorstoß der jungen Literatur

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Manchmal geschieht auch etwas Erfreuliches.

Zum ersten Mal werden sich in diesem Jahr die österreichischen Literatur- und Kulturzeitschriften sowie die Kleinverlage der Autoren mit einer eigenen Ausstellung präsentieren: im Rahmen der österreichischen Buchwoche in der Wiener Hofburg. Sie werden auch das Programm eines Tages selbst bestreiten. Eine Non-Stop-Lesung am 1. November ist ihnen gewidmet.

Die Bedeutung dieses Lebenszeichens geht über das Literarische hinaus. Sie betrifft grundlegende Prozesse des Geisteslebens.

Die Zeitschriften und Verlage, die sich hier zu Wort melden, sichern das Erscheinen vor allem junger Autoren, bieten einen Forum dem Experiment und der Avantgarde, bringen oft nonkonformistische und kritische Meinungen zum Ausdruck. Die geistige Potenz ist beachtlich, ihre Präsenz in der allgemeinen gesellschaftlichen Diskussion nicht nur für die Autoren, sondern vor allem für das demokratische Gemeinwesen lebenswichtig. Eine Gesellschaft, die gegenüber neuen Impulsen taub ist, geht an diesem Gebrechen zugrunde: Sie bespiegelt sich im Vergangenen, versteht ihre Gegenwart nicht, begreift nicht die Vorzeichen zukünftiger Entwicklungen.

Vor allem die Gesetze der freien Marktwirtschaft erschweren in diesem Punkt die notwendige Kommunikation. Das Neue entspricht keiner breiten Nachfrage, folglich bleiben viele Zeitschriften und Kleinverlage isoliert. Es wird vieles gedruckt (auch subventioniert), doch kann es den Leser nicht erreichen. Es gilt, die

Buchhändler zur Mitarbeit zu gewinnen, und zwar in einer Art, die ihren ökonomischen Möglichkeiten entspricht.

In diesem Punkt haben nun das Unterrichtsministerium und die Interessengemeinschaft österreichischer Autoren gute Vorarbeit geleistet. Das Ministerium hat für die Förderung der Kleinverlage ein sinnvolles Programm entwik-kelt und finanzielle Mittel bereitgestellt. Im Rahmen der IG Autoren haben Gerhard Ruiss und Johannes A. Vyoral ein verdienstvolles Handbuch über Verlagswesen und Buchmarkt in Österreich erarbeitet und in mühevoller Arbeit alle wesentlichen Tatsachen zusammengetragen. Nun konnte der Verein Literaturzeitschriften und Autorenverlage (Alfred Kol-leritsch, Otto Breicha und György Sebestyen sind Mitglieder des Vorstands) an die Arbeit gehen. Er organisiert die Ausstellung im Rahmen der Buchwoche, und auch die Non-Stop-Lesung am 1. November. Junge, noch unbekannte Autoren neben bedeutenden Dichtern haben ihre Teilnahme zugesagt. Es ist zu hoffen, daß die Buchhändler und die übrigen Literaturfreunde die Möglichkeit, Neues zu entdecken, nützen werden.

Für das nächste Jahr ist eine eigene Buchmesse der Zeitschriften und Kleinverlage geplant; auch ein umfangreicher Katalog soll erscheinen. Die Pläne werden von den Autoren selbst entworfen. Wenn ihnen die öffentliche Hand weiterhin die notwendigen — bescheidenen - Mittel zur Verfügung stellt, ist für die Literatur viel getan.

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