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Erdöl oder Fisch - das ist die Frage

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Das Ölunglück auf der norwegischen „Bravo“-Plattform im April dieses Jahres hat den letzten Resten von „ölrausch“, die in den Ländern des Nordatlantik noch vorhanden waren, einen gewaltigen Dämpfer versetzt. Die Sorge um den Umweltschütz und die Angst vor weiteren Katastrophen wiegt derzeit schwerer als die wirtschaftlichen Vorteile, die man sich von den ölgewinnen erhofft.

So wird Norwegen die geplanten und umstrittenen Probebohrungen nördlich des 62. Breitegrades zumindest verschieben. Und so wehrt sich auch Grönland gegen die Bohrversu- che, die heuer stattfinden sollen, obwohl die riesige Eisinsel mit ihren 400.000 Einwohnern finanzielle Injektionen sehr gut brauchen könnte.

Eine Mehrheit des grönländischen Landesrates hat sich in einem Telegramm an den dänischen Staatsminister Anker Jörgensen gewandt und ihn gebeten, die Bohrerlaubnis noch einmal zurückzuziehen. Man will durch eine Auseinandersetzung für zumindest ein Jahr nochmals die ganz speziellen Schwierigkeiten erforschen, die eine Ölbohrung in arktischer Umgebung mit sich bringt. Neben Norwegen haben auch Kanada und Island bei den Versuchen in der Arktis eine Pause eingelegt, um Methoden zu entwickeln, die ein mög lichst geringes Risiko für Fauna und Flora des Meeres bedeuten. Dänemark solle schleunigst diesem Beispiel folgen, meint der grönländische Landesrat.

Dänemarks Grönland-Minister Jörgen Peder Hansen antwortete auf die Forderung nicht mit dem erhofften Stop für die Ölbohrungen, aber mit verschärften Sicherheitsmaßnahmen. Die wichtigsten davon: Nach dem 2. Oktober darf nicht mehr gebohrt werden, da im Winter durch das Auftreten von Eisbergen ein nahezu unkontrollierbares Risiko gegeben ist. Prinzipiell aber hat Dänemarks Regierung nichts gegen die Bohrversuche - und sie kann darauf verweisen, daß sich auch die grönländischen Politiker zu früherem Zeitpunkt dafür ausgesprochen haben.

In Grönland stößt die dänische Regierung auf wenig Verständnis. Die Siumut-Bewegung, die eine verstärkte Eigenständigkeit der Insel auf ihrem Programm stehen hat, sieht nun einen Anlaß, das Verhältnis Grönland-Dänemark neu zu überdenken. Wenn Kopenhagen sich dem Willen der grönländischen Bevölkerung widersetze, dann sei es an der Zeit, genau zu überlegen, ob man die kompromißbereite Politik in der Frage der Ausbeutung der Bodenschätze beibehalten könne, meint Lars Emil Johansen, der als

Siumut-Vertreter ins dänische Folke- ting gewählt ist.

Die Frage, wem das geförderte Erdöl denn eigentlich gehören sollte, ist nämlich nach wie vor ungeklärt. In Grönland meint man, grönländische Bodenschätze müßten auch grönländisches Eigentum sein. In Kopenhagen versteht man die Insel als einen Teil des dänischen Territoriums. So habe Dänemark auch die Schürfrechte auf Grönland.

Einstweilen streitet man sich freilich, sozusagen, um des Kaisers Bart. Denn die ersten Bohrungen haben keinerlei positives Resultat gebracht und es sind nur Vermutungen, von denen die Ölgesellschaften dazu gebracht wurden, in Grönlands Meere zu investieren. Ob je öl durch die Bohrtürme fließen wird, kann niemand mit Bestimmtheit sagen.

Es sind nicht wenige auf Grönland, die mit negativen Resultaten durchaus einverstanden wären. Denn wie die nordnorwegischen Fischer sagen auch sie, man müsse sich entscheiden zwischen dem öl und dem Fischfang, öl und Fische zugleich - das gehe nicht. Während aber die Ölprobebohrungen noch resultatlose Versuche sind, macht der Fischfang heute den größten Teil von Grönlands Einnahmen aus.

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