Maria, die erste Imamin?

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Wie die Sicht Marias im Koran die Sicht auf die Stellung der Frau ändern könnte.

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Wie die Sicht Marias im Koran die Sicht auf die Stellung der Frau ändern könnte.

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Die dritte Sure des Korans widmet sich Maria und Jesus. In Vers 35 berichtet der Koran von der Mutter Marias, als diese mit ihr schwanger war, allerdings davon ausging, dass sie einen Jungen zur Welt bringen wird. Daher versprach sie Gott, das, was in ihrem Leib ist, der Tempelarbeit in Jerusalem zu widmen: „Mein Herr, ich gelobe dir, was ich im Leibe trage, als gottgeweiht. So nimm es von mir an!“ Als sie das Kind geboren hatte, war sie enttäuscht, denn der Tempeldienst war den Mädchen verwehrt. „Sie sprach: ‚Mein Herr, ich habe es als Mädchen geboren!‘ Gott wusste aber sehr wohl, was sie geboren hatte.

Das Männliche ist nicht wie das Weibliche.“ Danach sprach die Mutter Marias: „‚Ich habe sie Maria genannt und stelle sie mit ihren Nachkommen unter deinen Schutz vor dem Satan.‘ Da nahm ihr Herr sie gütig an.“

Mohammed verkündete diese Erzählung inmitten einer patriarchalischen Gesellschaft. Sie suggeriert einen auf Gottes Intervention hin eingeleiteten Bruch mit der Männerdomäne in Gotteshäusern. Denn laut dem obigen Vers hat Gott Maria als Geistliche im Tempel angenommen. Können wir heute nicht daraus ableiten, dass Mohammed hiermit eine Grundlage bieten wollte, um Frauen einen gleichberechtigten Status zu verleihen?
Der Koran geht einen Schritt weiter: In der auf Gott zurückgehenden Aussage „Das Männliche ist nicht wie das Weibliche“ wird Frauen in Gotteshäusern ein höherer Rang verliehen als Männern. Denn diese Aussage bedeutet bei der Berücksichtigung der Feinheiten der arabischen Grammatik, dass Frauen einen besonderen Status besitzen, den Männer nicht erreichen können. Eine patriarchalisch geprägte Theologie wird dies allerdings keineswegs annehmen und Maria nur als Mutter Jesu würdigen, aber nicht als eine Geistliche, die Frauen ermutigen will, den Männern das Monopol auf Gottes Häuser zu nehmen.

Der Autor leitet das Zentrum für Islamische Theologie an der Uni Münster.

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