6836106-1975_15_10.jpg
Digital In Arbeit

Görz als Musikzentrum

Werbung
Werbung
Werbung

Görz (Gorizia, Gorica, Gurizze), ehemalige Hauptstadt des Kronlandes Görz-Gradisca, befindet sich dort, wo drei Volksgruppen zusammentreffen: die italienische, die slowenische und die friaulische. Die Stadt war schon in der Monarchie ein bedeutendes Zentrum musikalischen L bens, vor allem, was Chor-und Kirchenmusik anlangt.

Nach dem Ersten Weltkrieg war das musikalische Wirken in Görz und in jener Region ernst gefährdet, besonders die slowenischen Chorvereine, deren Tätigkeit in der Zeit des Faschismus vollkommen unterbunden wurde. Lediglich in den Kirchen konnten sie auch den Zweiten Weltkrieg überleben. — So konnte Görz bis heute seine übernationale musikalische Tradition bewahren. Im europäischen Raum sind Görzer Chorveranstaltungen, Gör-zer Sängertradition jedoch weniger bekannt, nicht zuletzt darum, weil manche Berichterstatter dem Publikum nur das Mondäne und Kosmopolitische anbieten.

Für die Slowenen war Görz schon in der Monarchie das lebhafteste und bedeutendste Zentrum ihrer Sängerund Kirchenchöre. Unter den bedeutendsten slowenischen Görzer Komponisten uriseres Jahrhunderts “rref-fen wir Namen wie Ignacij und Albert Leban, Franc Ferjancic, Ivan Kokosar, Vinko Vodopivec, Ivan La-harnar, Emil Komel, Lojze Bratuz, Rihard Orel, Mirko Filej, David Doktoric, Breda Scek. Sie schufen vorwiegend Chormusik, sakrale wie profane. Der berühmteste unter ihnen, Vinko Vodopivec, ein Pfarrer, ist übrigens Autor zahlreicher Operetten, aber auch von Kantaten, großen Messen und Kirchenkompositionen („Tu es Petrus“ wurde vor dem Papst Pius XI. aufgeführt); gestorben ist er 1952.

Zu den zeitgenössischen Komponisten slowenischer Musik in Görz und aus dem Görzer Kreis gehören Marij Kogoj (1895—1956), Matija Bravni-car (1897) und Stanko Premrl (1880 bis 1965). Kogojs Oper „Die Schwarzmasken“, sein „Requiem“, Sonaten und Sologesänge gehören zur Musik Europas. Bravnicar komponierte Ouvertüren, Symphonien, Opern nach Romanen des großen slowenischen Schriftstellers Ivan Cankar wie „Der Knecht Bartholomäus“. Premrl gehört zu den bedeutendsten slowenischen Komponisten der Kirchenmusik.

Die italienischen Komponisten in Görz sind im Vergleich zu ihren Kollegen in den bedeutendsten italienischen Kulturzentren weniger bekannt, doch gibt es sehr gute Kompositionen, vorwiegend Kirchenmusik, von Vittorio Toniutti und Mariano Mioli, wenn wir nur die bedeutendsten erwähnen. Der berühmteste von ihnen war jedoch Cesare Augusto Seghizzi, der besonders friaulische Chormusik und Lieder meisterhaft setzte. Seinen Namen trägt heute der italienische Chorverein in Görz. Seghizzis Tochter Ceci-lia, ebenfalls Komponistin, vertritt in ihren Kompositionen moderne Tendenzen.

Unter den slowenischen Sängerchören in Görz befindet sich der angesehenste „Lojze Bratuz“, genannt nach dem Komponisten, der ein Opfer des faschistischen Terrors im Jahre 1936 wurde. Der Chor wurde 1952 gegründet und wurde von Prof. Mirko Filej bis zu dessen Tod im Jahre 1962 geleitet. Dann übernahm Prof. Stanko Jericio die Leitung.

Der Chor pflegt neben Volks- und Kunstliedern auch anspruchsvolle Kirchenmusik, die Messen von Gruber, Vittaldini, Dobici, Vodopivec ... Der Chor „Lojze Bratuz“ konzertiert im Görzer Raum bei der Chormeisterschaft „A. C. Seghizzi“, im Rahmen slowenischer Veranstaltungen im Küstenland und in Kärnten, im slowenischen Triester Rundfunk „Trst A“, im Rundfunk von Ljubl-jana, Koper/Capodistria, Klagenfurt, und nicht zuletzt bei Veranstaltungen von „Alpe-Adria“ in Laibach.

Die Musik, eine Sprache, die alle Völker verstehen, in mitteleuropäischer und mediterraner Tradition, lebt also in Görz weiter und verbindet die Kulturen dreier Völker.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung