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Hahemus Kest!

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Möglicherweise ist die jetzt doch noch paktierte Steuerreform wirklich die bedeur tendste seit 1945. Mit Sicherheit ist sie die am schlechtesten verkaufte seit der Erfindung der Public Relations.

Wenn auch die Genugtuung darüber, daß nun doch eine in ihrer grundsätzlichen Philosophie zu bejahende Steuerreform zustande gekommen ist, überwiegt, sollte man nicht zu großzügig die Schnitzer der letzten Tage übersehen. Oder besser noch: alles daransetzen, sie im Zuge des Begutachtungsverfahrens wegzubekommen.

Für die systemstörendste, das gesamte Zinsengefüge in Unordnung bringende Ausnahme der Eckzinssparbücher von der Kest (= Kapitalertragsteuer) kann man das ja jetzt schon ausschließen.

Sie wird wohl zum Pyrrhussieg für die sogenannten „kleinen“ Sparer werden: Damit nicht die gebundenen Einlagen, von deren Zinsertrag die zehn Prozent Kest berechnet werden, weniger Rendite bringen als die nicht besteuerten Eckzinssparbücher, überlegt der Kreditapparat ernsthaft den Eckzinssatz zu senken.

Sehr wohl überdenken könnte man aber noch die Absicht, auch die Erträge jener Anleihen zu besteuern, bei deren Begebung der Staat noch die Steuerfreiheit angepriesen hat. Und das gilt durchaus nicht nur — wie gemeldet—für vor 1984 begebene Anleihen, wenn man sich nicht auf formal-juristische Spitzfindigkeiten zurückziehen will. So wirbt das Prospekt für die im Oktober 1986 (!) begebene Investitionsanleihe der Republik noch wörtlich mit der Steuerfreiheit der Zinsen.

Und hier geht's wirklich nicht um die Durchsetzung einer schon bestehenden Steuerpflicht — es gab ausdrücklich keine. Auch nicht, wie man glauben könnte, um die verschmerzbaren zehn Prozent Kest. Wer im guten Glauben auf das Versprechen seiner Republik derartige Anleihen deklariert hat, kann sie ja jetzt nicht mehr verstecken und darf somit bis zu 50 Prozent Einkommensteuer zahlen.

Uberdenken könnte man auch noch, ob es fair ist, jenen der über 50jährigen, die der Aufforderung gefolgt sind, eine Lebensversicherung unter besonders günstigen Steuerkonditionen abzuschließen, diese Vergünstigung (doppelte Sonderausgaben) wieder wegzunehmen. Und nachdenken könnte man sicher auch noch darüber, wie glaubwürdig künftige Festtagsreden über die Bedeutung der Börse und der Eigenvorsorge sind, wenn man die Geldanlage an der Börse deutlich'schlechter (25 gegen zehn Prozent Kest) stellt und die Versicherungssteuer auch für Rentenversicherungen um zehn Prozent erhöht.

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