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Im Alphabet nach den Bestattungsfirmen

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FURCHE: Die Österreichische Buchwoche findet seit einigen Jahren im Wiener Rathaus statt. Hat sich das bewährt oder denken Sie an eine Veränderung?

DR. OTTO MANG: Das Rathaus kriegen, wir umsonst. Außerdem gibt es keine entsprechende Alternative in Wien. Wir sind in diesem Jahr ein bißchen ungünstig in der Zeit, eine Woche zu früh. In den nächsten beiden Jahren werden wir wieder eine Woche später sein, das heißt wir haben am letzten Wochenende den Christlkindl-markt vor der Türe und dadurch eine entsprechende Belebung des Platzes. Das hat sich als günstig erwiesen.

FURCHE: Wie schätzen Sie den Stellenwert der Österreichischen Buchwoche ein?

MANG: Sie wissen ja, daß solche Veranstaltungen nicht nur in Wien stattfinden, sondern daß wir auch Bundesländerausstellungen organisieren, zum Beispiel vor kurzem die Eröffnung der niederösterreichischen Landesausstellung in Baden. Nächste Woche fahre ich nach Graz, am 20. ist in Klagenfurt eine Eröffnung, dann gibt es drei Ausstellungen in Tirol und im Frühjahr in Vorarlberg und in Salzburg eine. Es sind also bundesländerweit Aktivitäten geplant. In Wien ist natürlich die größte Schau, die außerdem seit vorigem Jahr eine Verkaufsschau ist. Es sind 16 Buchhändler dort, die eben auch Bücher verkaufen.

FURCHE: Der österreichische Buchhandel lebt vor allem vom deutschen Buch. Wie steht es angesichts dieser Tatsache um das österreichische Buch?

MANG: Das ist ein Standpunkt, der mir etwas unverständlich ist. Österreich hat etwa sieben Prozent der deutschsprachigen Bevölkerung, daher auch sieben Prozent der Verlage. Es fragt niemand, ob Österreich an Waschmittel mehr als sieben Prozent verkaufen soll. Wir sind kein Notstandsland der Kultur. Man rechnet, daß etwa 80 Prozent der in Österreich an den Buchhandel verkauften Bücher aus Deutschland kommen, das heißt gegenüber der Bevökerungssta-tistik ist das immer noch um 13 Prozent besser.

FURCHE: Große Sorgen bereitet dem österreichischen Buchhandel die von Minister Schüssel initiierte neue Gewerbeordnung, nach der jedes Handelsunternehmen Bücher verkaufen darf. Ist das im Hinblick auf den wahrscheinlichen Beitritt Österreichs zur EG unumgänglich oder glauben Sie, daß das vermeidbar ist?

MANG: Es wäre vermeidbar gewesen, denn die Regierung hat das bereits beschlossen. Aber es kann noch im Parlament geändert werden. Es wäre denkbar, daß ein kleiner Zusatz kommt, daß im Alphabet nach den Bestattungen, die gewerbegebunden sind, der Buchhandel im Alphabet als nächstes kommt. Es gibt innerhalb des Handels ausgenommene Gewerbe, die nach wie vor gebundene Gewerbe sind, wo man einen Befähigungsnachweis braucht. Das sind etwa die Drogerien, Apotheken, die Waffenhändler oder die Bestattungsinstitute. Den Buchhandel hier hineinzuschreiben, bedeutet einen Federstrich und nicht mehr. Wir hoffen, daß das im Parlament noch stattfindet.

FURCHE: Es liegt eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes in Luxemburg vor, nach der die Preisbindung bei Büchern den EG-Gesetzen widerspricht. Glauben Sie, daß der geregelte Ladenpreis fallen wird?

MANG: Diese Entscheidung betrifft den Warenverkehr zwischen England und Irland. Das Net-book-Agreement ist rechtlich eine andere Konstruktion als der deutsche sogenannte Sammelrevers. Wir haben eine enge Zusammenarbeit mit den deutschen Verbänden und wir versuchen bis spätestens Oktober nächsten Jahres einen dreisprachigen Preisbindungsrevers ins Leben zu rufen, wo alle deutschsprachigen Verlage eingebunden sind und der den Buchhändler oder den Endverkäufer, wer immer dann Bücher führt, bindet, den Preis einzuhalten. Wesentlich wäre, wenn Österreich zur EG kommt, daß man diesen Ladenpreis in einer EG-gerechten Form aufrecht erhält.

FURCHE: Was halten Sie von Verlagszusammenschlüssen, etwa der Gruppe 7?

MANG: Diese Kooperationen hat es ja schon immer gegeben, das ist ja nichts Neues. Es ist durchaus sinnvoll, so etwas zu machen.

FURCHE: Wie stehen Sie zur neuen Form der Verlagsförderung?

MANG: Diese Förderung gilt einschränkend für Verlage, die Literatur und Kunst im engsten Sinne verlegen. Daneben gibt es immer noch die Einzelförderung von Büchern. Für die allgemeine Förderung müssen die Verlage umfangreiche Materialien einreichen. Sie müssen ihr Programm einreichen, müssen nachweisen, daß die Bücher auch erschienen sind, die Verlage müssen Kalkulationen einreichen, Werbemaßnahmen dokumentieren, müssen dokumentieren, daß sie einen entsprechenden Vertriebsapparat unterhalten, daß sie Vorschauen für den Buchhandel publizieren und das wird genau überprüft.

FURCHE: Es gibt aber auch Kritik an der mangelnden Offenlegung der Kriterien, nach denen entschieden wird. Entscheidet die Jury auch darüber, ob der Verlag gute oder schlechte Literatur produziert hat?

MANG: Das würde bedeuten, daß sechs Juroren von 65 Verlagen insgesamt 800 Bücher lesen müßten. Das scheint mir organisatorisch nicht möglich zu sein. Es sind diejenigen Verlage unzufrieden, die keine Literatur, sondern allgemeine Bücher über Österreich oder allgemeine Bildbände produzieren. Meine Intention ginge dahin, daß jeder, der einen ordentlichen Verlag führt, eine Förderung bekommt.

Das Gespräch mit Otto Mang führte Harald Klauhs.

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