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Gegen das Gießkannenprinzip

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FURCHE: Wird sich nach dem absehbaren EG-Beitritt Österreichs bei den Buchpreisen etwas ändern?

DR. WOLFGANG RAMJOUE: Ich behaupte, daß sich spätestens mit dem Zusammenschluß der Groß-EG die Mehrwertsteuerfrage vereinheitlichen wird. Wir haben in Österreich schon seit langem das Problem, daß die Deutsche Mark, die der österreichische Buchhändler dem Kunden verrechnet, teurer ist als die Deutsche Mark, die der Kunde auf der Bank wechselt, weil die deutschen Verlage ihre Mehrwertsteuer nach Österreich hin nicht entlasten. Der österreichische Kunde, der ein deutsches Buch kauft, zahlt zweimal Mehrwertsteuer.

FURCHE: Kann sich daj durch einen EG-Beitritt ändern?

RAMJOUE: Das muß sich ändern. Ich bin sogar der Meinung, es müßte sich schon vorher ändern. Denn der deutsche Verleger, der ins Ausland exportiert, kann ja seine Mehrwertsteuer refundiert bekommen.

FURCHE: Andererseits sind die Buchpreise im Vergleich mit anderen Waren unterdurchschnittlich gestiegen. Kann das angesichts der finanziellen Lage der österreichischen Buchbranche so bleiben?

RAMJOUE: Nein, das kann nicht so bleiben. Nur hängen wir eindeutig vom deutschen Markt ab. Wir können nicht von uns aus die Preise hinaufsetzen.

FURCHE: Rechnen Sie mit einer Zunahme der Versandbuchhändler?

RAMJOUE: Die haben wir längst. Wir können uns gegen die Allmacht dieser Buch Versender nicMt wehren, zumal die Buchversender ja keine günstigen Bücher anbieten könnten, wenn sie nicht von den Verlagen das Material dazu bekämen.

FURCHE: Darf ich das als Kritik

an den Verlagen verstehen?

RAMJOUE: Ja. Ich kenne aber sehr wohl Verlage die nicht an die Billigpreiser abliefern, sondern lieber makulieren.

FURCHE: Sind Sie mit der Subventionsvergabe, konkret der Verlagsförderung des Unterrichtsministeriums einverstanden?

RAMJOUE: Ganz und gar nicht. Das was in den letzten Jahren geschehen ist, war nicht wirklich Verlagsförderung.

FURCHE: Es gibt ein erhöhtes Literaturbudet.

RAMJOUE: Hier muß man zwei Dinge unterscheiden, wenn man von Verlagsförderung redet. Verlage gibt es viele, Literaturverlage gibt es wenige. Literaturförderung ist eine Sache der Kulturförderung. Verlagsförderung im Sinne des Unternehmers wäre eigentlich eine Sache des Wirtschaftsministeriums. Ich bin ein Gegner des Gießkannenprinzips, nämlich daß der, der oft genug im Ministerium vorstellig geworden ist, eine Subvention bekommt. Das ist nicht zielführend, das ist völliger Unsinn. Ich bin für den Gedanken, einen Literatur- und Buchförderungsfonds einzurichten. Das Ministerium ist dann entlastet von den täglichen Ansuchen um die Unterstützung. Es gibt einen völlig neutralen Literaturfonds, wo wir den Etat von drei Jahren hineingeben. Das wird ein von unabhängigen Fachleuten verwalteter Fonds.

FURCHE: Ist es aber nicht eine Verlagerung der Abhängigkeit vom Staat zu einer privaten Institution?

RAMJOUE: Nein, ich meinte einen Bankier, hier muß jemand hin, der Geld zu verwalten versteht. Es ist natürlich eine Verlagerung, aber es ist eine Verlagerung vom Staat weg in den privaten Bereich. Diesen

Gedanken halte ich grundsätzlich für richtig. Der Staat ist gar nicht in der Lage zu entscheiden, was ist wirklich förderungswürdig, was ist nicht förderungswürdig. Hier müssen Fachleute hinein, hier muß ein Aufsichtsrat her, der die Finger auf den Geldern hat, und ein Beirat, der sagt, was förderungswürdig ist,

Wir müssen schauen, daß wir endlich in Deutschland eine Vertriebsorganisation aufbauen und eine Auslieferungsfirma in Deutschland bekommen. Ich glaube, wir müssen ein Vertreternetz aufbauen, wirmüs-sen diesen Vertretern auch finanzielle Garantien geben. Es geht nicht an, daß ein deutscher Buchhändler der sich für ein Buch interessiert, vier Wochen warten muß, bis er das Buch bekommt und dann auch noch seine Zollschwierigkeiten hat, sondern es muß ein deutscher Auslieferer gefunden werden, der diese österreichischen Bücher auch auf Lager hat und ausliefert. Wenn Sie die Kalkulation eines Auslieferers anschauen, kostet es ihm dasselbe, ob die Abrechnung, die er liefert mit 0 ausgeht, oder ob er etwas verkauft hat. Die Herstellung dieser Abrechnung kostet dasselbe. Also sagt der Auslieferer, ich bin nicht wahnsinnig, ich nehme diese Verlagsprodukte nicht zu mir herein, weil sie kosten mich nur Geld. Wir müssen einen Auslieferer finden, der mit einer Sockelabdeckung von Kosten bereit ist, die heimischen Bücher auf Lager zu halten. Wenn wir ein Vertriebsnetz haben und dadurch dem Verleger einen Umsatz seiner Bücher in Deutschland geben können, haben wir mehr Chancen, auch die Autoren im Land zu halten.

Mit dem Generalsekretär des Hauprverban-des des österreichischen Buchhandels sprach Harald Klauhs.

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