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Allmählich scheint sich auch in der Buchbranche herumzusprechen, daß „Fortwurschteln" nicht die richtige Strategie für Europa-Reife sein kann. Denn ausnahmsweise gibt es von den heimischen Verlegern Positives zu vermelden: Die Exporte österreichischer Bücher nach Deutschland sind im vergangenen Jahr kräftig gestiegen. Mit einer Steigerungsrate von 7,2 Prozent wurde erstmals seit 1983 wieder die 100 Millionen-DM-Grenze "uberschritten. Freilich weist die Statistik nicht aus, mit welcher Art von Büchern wir bei unseren Nachbarn erfolgreich waren, doch können aus der heimischen Produktion wohl Rückschlüsse gezogen werden. Die höchsten Zuwachsraten österreichischer Neuerscheinungen gab es im Bereich Bildende Kunst und Kunstgewerbe, gefolgt von Religion und Theologie, Technik und Wirtschaftsund Sozialwissenschaften. Am meisten Bücher wurden aber wieder aus den Bereichen Geschichte und Schöne Literatur produziert.

Nach der jüngsten Klage über die „Subventionierte Provinzialität" der österreichischen Buchbranche von Gerhard Renner im „Standard" lassen sich diese Zahlen doch als zartes „Frühlings Erwachen" alpenländi-scher Buchmacher interpretieren. Der renommierteste Literaturverlag hierzulande, der Salzburger Residenz Verlag, hat mit dem von dem Pop-Barden Georg Danzer übersetzten Roman „Mein Name ist Kain" des spanischen Autors Manuel Vicent schon im Frühjahr einen internationalen Akzent zu setzen versucht. Auch

der um den Verlag Christian Brandstätter vergrößerte große Bruder in Wien, der Österreichische Bundesverlag, will internationale Pfade beschreiten und auf der Frankfurter Messe mit einer unösterreichischen Kulturgeschichte, „Denim. Der Jeanskult und seine Geschichte", reüssieren.

Mit einer sowohl dem Umfang als auch dem Inhalt nach gewichtigen literarische Chronik Mitteleuropas von den zwanziger Jahren bis in die Gegenwart bemüht sich der Grazer Styria Verlag den nun wieder zugäng-1 ichen Osten Europas einem deutschen Publikum näherzubringen. „Vordem Fenster die Nacht" wird dieser Entwicklungsroman von Emst Vasovec heißen. Auch der Salzburger Otto Müller Verlag nützt die traditionell guten Ost-Kontakte Österreichs und präsentiert in Frankfurt eine „Panno-nische Novelle" des jetzt in Bonn lebenden Donauschwaben Johannes Weidenheim. Ähnliches ließe sich auch von anderen österreichischen Verlagen berichten.

Neue Verlagsförderung

Zweifellos stehen die Bemühungen um Internationalität den heimischen Verlagen gut an, doch die besten Bücher verstauben in finsteren Lagern, wenn niemand von ihnen erfährt. Deshalb will das Unterrichtsministerium auch von der reinen Projektförderung abgehen und verstärkt Werbeaktivitäten der Verlage subventionieren. So möchte Ministerialrat Wolfgang Unger komplette Verlagsprogramme vorgelegt bekommen und dazu die Information, welche Aktivitäten der jeweilige Verlag plant und gefördert haben möchte.

Erst mit diesen Unterlagen wird dann eine entsprechende Subvention erteilt.

Über die Verwendung dieser Zuschüsse muß der betreffende Verlag dann auch Rechenschaft ablegen, damit diese Art der Förderung nicht zu der von Unger strikt abgelehnten Grundsubventionierung verkommt. In diesem Punkt schließt er sich der von Gerhard Renner geäußerten Kritik an, daß eine solche Basisförderung, mit der manche Verleger liebäugeln, „das Buch ohne Öffentlichkeit und ohne Leser" produzieren würde und das nicht das Ziel des Ministeriums sein könne. Im übrigen hofft Unger auch im nächsten Jahr auf eine weitere Erhöhung der Verlagsförderung.

Zu der in den Medien geäußerten heftigen Kritik an der Übernahme des Christian Brandstätter Verlages durch den Österreichischen Bundesverlag meinte Unger, daß kein einziger Schilling der 33 Millionen, die vom Parlament mit den Stimmen aller vier Parteien dafür bewilligt wurden, aus dem Kulturbudget stammt. Trotzdem wird der Fall Brandstätter schwerlich zum Modellfall werden können, da sich die österreichischen Verleger werden mehreinfallen lassen müssen als beim Staat Unterschlupf zu suchen, wenn sie am großen europäischen Markt, unabhängig davon, ob wir daran teilnehmen oder nicht, mitmischen wollen.

Ein Schritt dazu wird sein müssen, daß sich die heimischen Verlage mehr als bisher darum bemühen, Lizenzen ins Ausland zu verkaufen und nicht wie der Hase die Schlange den nun noch größer gewordenen Nachbarn im Norden anstarren. Auch für Übersetzungen ist das Ministerium bereit, mehr Geld als früher auszugeben.

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