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Eine kräftige Prise frisches Salz

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Raoul Auernheimer verglich den Altausseer See einmal mit einem Tintenfaß, in das gleichsam die in dieser Umgebung weilenden Literaten ihre Feder eintauchten. Das ganze Salzkammergut hat'es seit jeher bedeutenden Künstlern angetan, wie Dietmar Griesers neues Buch „Nachsommertraum” anschaulich zu berichten weiß, ein Werk, das den katholischen Buchhändlern und Verlegern aus Österreich, Deutschland und der Schweiz bei ihrem Dreiländertreffen (10. bis 13. Juni) in St. Wolfgang (Dossier in FURCHE 23/1993) überreicht wurde. Auch sie, die „Vermarkter” literarischer Produkte, schienen interessiert, dem Genius loci des Salzkammergutes zu begegnen.

Wie Bernhard Weis von der Salzburger Rupertus-Buchhandlung, der in St. Wolfgang den Vorsitz im österreichischen Verband an den Chef des Wiener Dom-Verlages, Franz Pollhammer, abgab (und gleichzeitig jenen im Dreiländerausschuß übernahm), unisono mit dem deutschen Vorsitzenden, Josef Wagner vom Mainzer Matthias-Grünewald-Verlag, feststellte, steht der katholische Buchhandel in einer wirtschaftlich und innerkirchlich schwierigen Situation. Die Branche Buchhandel erlebe zwar die allgemeinen ökonomischen Trends in „etwas flacheren Kurven”

(Weis), aber die Rezession sei spürbar und die innerkirchliche Polarisierung auch. Die meisten katholischen Verlage Österreichs seien gegenüber den meisten deutschen durch eine größere Öffnung etwas im Vorteil: Sie führen oft neben religiösen Büchern auch andere Literatur.

Schwerpunkt Mittelosteuropa

Daß die Lage in Mittelosteuropa noch viel schwieriger ist, berichteten Gäste während der Hauptversammlung der Österreicher. In Ungarn beispielsweise gingen im Vorjahr drei Firmen bankrott, Bücher im Wert von einer Milliarde Forint kamen zu Schleuderpreisen auf den Markt. Die wichtigsten katholischen Verlage sind „St. Stefan” und „Ecclesia”. „Kai-rosz”, ein Zusammenschluß neuer kleiner Verlage, den der Benediktiner P. Adam Somorjai aus Pannonhalma in St. Wolfgang vorstellte, hat es 1992 immerhin schon auf 16 Titel mit einer Gesamtauflage von 111.700 Exemplaren gebracht. (

Mußte die Vertreterin der Slowakei wegen Erkrankung absagen, so erzählte der tschechische Gast, Jindrich Sirovatka vom Prager „Portal”-Verlag, daß von den rund 20 nach der Wende entstandenen Verlagen etwa 30 bis 50 Prozent das Jahr 1993 nicht überleben dürften, die Devise laute: Wer dieses Jahr überlebt, hat gewonnen.

Große Überraschung löste der Beitrag des Slowenen Janez Jeromen (Mohorseva Druzba, Celje) aus. Zähle man alle „Ein-Mann-Betriebe” mit, käme man in Slowenien auf etwa 150 Verlage, von denen aber nur etwa zehn Prozent „wirkliche Verlage” seien. Slowenien habe zwar nur 1,7 Millionen Einwohner, aber die seien „Bücher-verrückt”. Auflagen von 3.000 Stück seien üblich und würden - wie eine Kollegin aus ZagTeb bestätigte - oft schneller verkauft als im volkreicheren Kroatien. Dort gilt die Lage als besonders schwierig: Buchhandlungen seien oft zu Bibliotheken geworden, die Leute kaufen kaum Bücher, sondern blättern sie im Laden durch.

Westliche Hilfe in Form von Bil-ligst-Lizenzen, Schulungen und „Schnupperlehren”, von manchen Unternehmen schon vorbildlich angeboten, ist dem Osten weiter ein dringendes Anliegen.

Die katholischen Verleger und Buchhändler nutzten die Tage in St. Wolfgang zum Gedankenaustausch, zur gegenseitigen Ermunterung, zur kulturellen Erbauung (bei einem Kirchenkonzert vor dem Pacheraltar) und zum Eintauchen in eine herrliche Landschaft. Und hoffentlich holten sie sich während dieser Tage im Salzkammergut auch die immer wieder nötige frische Prise Salz, um dem Auftrag an alle Christen, „Salz der Erde” zu sein, besser gerecht werden zu können.

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