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Digital In Arbeit

Der Buchhandel entdeckt die Elektronik

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Der österreichische Buchhandel und seine Kunden sind ein offener und aufnahmefähiger Markt. Längst vergessen sind die Jahre, da importierte Bücher mit einer 13prozentigen Ausgleichssteuer belastet waren. Die steuerliche Behandlung des Buches hat sich seit Einführung der Mehrwertsteuer in der Bundesrepublik Deutschland und in Österreich weitgehend angeglichen, und der heimische Buchhandel kann auf Jahre zurückblicken, in denen er expandiert hat uhd zu einem interessanten Partner nicht nur für die österreichischen, sondern auch für deutsche und Schweizer Verlage geworden ist.

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Der österreichische Buchhandel und seine Kunden sind ein offener und aufnahmefähiger Markt. Längst vergessen sind die Jahre, da importierte Bücher mit einer 13prozentigen Ausgleichssteuer belastet waren. Die steuerliche Behandlung des Buches hat sich seit Einführung der Mehrwertsteuer in der Bundesrepublik Deutschland und in Österreich weitgehend angeglichen, und der heimische Buchhandel kann auf Jahre zurückblicken, in denen er expandiert hat uhd zu einem interessanten Partner nicht nur für die österreichischen, sondern auch für deutsche und Schweizer Verlage geworden ist.

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Für seine Kapazität spricht allein schon die 1978 erzielte Zuwachsrate der Bucheinfuhr aus der BRD von 20 %, der Importe während der letzten zehn Jahre. Es dürfte keinen anderen Auslandsmarkt für deutsche und Schweizer Bücher geben, der eine gleich hohe und stetige Zuwachsrate wie Österreich ausweist.

Eine wichtige Voraussetzung für diese Marktäusweitung ist die effiziente Organisation des Buchvertriebes in Österreich, der in aller Regel von den Verlagen über eine Reihe großer und, zahlreicher kleinere Firmen des Zwischenbuchhandels zum Bucheinzelhandel läuft.

Einige der Gründe für die wohltemperierte Konjunktur des österreichischen Buchhandels sind das geänderte geistige Klima, das heute Literatur, Buch und Lesen umgibt, der Ausbau der Universitäten und Uni- versitäts- und Institutsbibliotheken in den Bundesländern, die Schulbuchaktion der Bundesregierung und eine liberalere Gewerbeordnung, die seit fünf Jahren praktiziert wird. Junge österreichische Autoren wurden durch das ORF-Fem- sehen und den Hörfunk wie auch durch die Zeitungen und das Theater popularisiert. Die Lesegewohnheiten gehen heute weniger in die Tiefe, erfassen aber dafür breitere Schichten. Dazu haben u. a. neue Buchformen, wie das Taschenbuch, und eine erhöhte Bereitschaft des Buchhandels zur Werbung um das Lesepublikum beigetragen.

Vor etwa einem Jahr hat das Auftauchen von Branchenaußenseitem, die mit großem werblichen Einsatz vornehmlich ladenpreisfreie Bücher in einfach adaptierten Läden und in Supermärkten anbieten, viel Aufmerksamkeit erregt. Die gehandelte Ware, das moderne Antiquariat, hat es freilich schon immer gegeben, denn immer wieder sind - auch gute - Bücher, unverkauft beim Verleger liegengeblieben und schließlich „verramscht“ worden. Nun ist gute Ware auf diesem Markt, für den übrigens auch eigens produziert wird, knapp geworden. Bei diesem Punkt haben zwei buchhändlerische Einkaufs- und Werbegemeinschaften angesetzt und sich bei ihren Verlegerlieferanten Restposten von Büchern gesichert, die besser in das breite Literaturangebot einer Buchhandlung passen. Seit kurzem werden also auch von einzelnen Buchhändlern preisgünstige Sonderangebote stärker in den Vordergrund gerückt.

Auf dem österreichischen Buchmarkt steht als Bücherlieferant die Bundesrepublik Deutschland mit einem Anteil von 85 Prozent der Gesamteinfuhr an der Spitze. Österreich tritt auf Grund der Größe der gegenseitigen Ein- und Ausfuhr an die Schwelle der 80er Jahre als der wichtigste Außenhandelspartner der Bundesrepublik auf dem Buchsektor. 1978hatdieBRD Bücherfürrund 1,2 Milliarden Schilling und Zeitungen und Zeitschriften für etwa 1,1 Milliarden Schilling nach Österreich exportiert. Der auf dem österreichischen Markt erzielte Umsatz im Bucheinzelhandel belief sich 1977 auf 3.308 Millionen Schilling und stieg 1978 auf 3707 Millionen Schilling.

Hinter diesen stolzen Zahlen verbergen sich allerdings auch Schwächen, die das Institut für Handelsforschung an der Wirtschaftsuniversität Wien im August dieses Jahres in einer Untersuchung über die Kosten- und Ertragslage sowie die Vermögens- und Kapitalstruktur im österreichischen Einzelhandel für das Jahr 1977 aufgedeckt hat. In der Mehrzahl der zwölf untersuchten Einzelhandelsbranchen, zu denen auch der Buchhandel gehört, gab es drastische Gewinnrückgänge, es kam zu einem negativen betriebswirtschaftlichen Ergebnis, das unter dem des Rezessionsjahres 1975 liegt. Die Gründe sind nach Meinung des Instituts in den eingetretenen Kostensteigerungen zu suchen. Hier bestätigt sich auch die immer wieder gehörte Warnung, daß die zunehmende Belastung der Klein- und Mittelbetriebe mit Steuern und Soziallasten für viele Unternehmungen bereits existenzgefährdende Auswirkungen hat. Die Beeinträchtigung der Nahversorgung, die etwa im Lebensmittelhandel schon jetzt zu einem schwerwiegenden Problem wird, könnte auch auf dem Gebiet des Buchhandels für die interessierten Bevölkerungskreise fühlbar werden.

Wie wird, wie könnte es weitergehen? Auch der deutsche Buchhandel denkt über seine Zukunft nach, und seine Überlegungen werden einmal durch die Schlagworte von den abnehmenden Bevölkerungs-, Schüler- und Studentenzahlen und die Konkurrenz der Medien, andererseits durch die Aussicht auf ein neues, phantastisches Betätigungsfeld auf dem Gebiet der Elektronik und der Bildschirmtexte beherrscht. Solche Einschätzungen sind wichtig, denn sie gelten - mit zeitlicher Verzögerung - auch für Österreich. Gemeint ist vor allem das in diesen Tagen in Betrieb gehende neue europäische Informationssystem EURONET DIANE (Direct Information Access Network for Europe). Angeschlossen sind die nationalen Informationszentren der Mitgliedsländer der EG, in der BRD z. B. das medizinische Informationszentrum in Köln und das Fachinformationszentrum Energie, Physik, Mathematik im Kernforschungszentrum in Karlsruhe. Rund 20 Millionen Daten und Fakten stehen den Benutzern schon heute- zur Verfügung. Auch die Schweiz und Österreich wollen sich an EURONET anschließen. Ein anderes Projekt ist das auf der Berliner Funkausstellung bereits vorgestellte -Büdschirmtextsystem, das der ORF ab 1980 einführt.

Sicher ist es wünschenswert, daß sich der Buchhandel so bald wie möglich an diese Systeme anschließt. In Deutschland verbindet man damit die Hoffnung auf eine zentrale Bestellanstalt des Buchhandels mit einem starken Rationalisierungseffekt, wogegen der österreichische Buchhandel schon mit einem Terminalsystem der großen österreichischen Auslieferungsfirmen, ähnlich dem Service zweier deutscher Finnen des Zwischenbuchhandels, zufrieden wäre.

Da sind andere Entwicklungen, die gleichfalls mit der neuen Computertechnik Zusammenhängen, schon besser zu überblicken und als Produkte greifbar. Was Texas Instruments und die Verlage Langen- scheidt und Vieweg an Mikroprozessoren und Minicomputern mit den Funktionen eines Wörterbuches oder eines Sprachkurses anbieten, trifft auf ein wachsendes Interesse des Buchhandels. Sie könnten die Welt der Schul- und Erwachsenenbildung verändern, und der Buchhandel ist herausgefordert, sich mit diesen Artikeln zu befassen; die Kenntnis der neuen Technik (wie früher die Kenntnis der Literatur) ist die Voraussetzung für einen erfolgreichen Vertrieb.

Innerhalb dieser sich anbahnenden Partnerschaft zwischen den elektronischen Medien bzw. Technologien und dem Buchhandel hegt wirklich ein neues, phantastisches Betätigungsfeld und der Buchhandel wird gut daran tun, sein Berufsbild dieser Entwicklung anzupassen.

(Der Autor ist Generalsekretär des Hauptverbandes des österreichischen Buchhandels)

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