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Kanada: Mulroneys Wahltriumph

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Kanadas Konservative erlebten Anfang September bei den Parlamentswahlen den eindruckvollsten Triumph, der je einer Partei im zweitgrößten Land der Erde glückte. Die von Brian Mulroney geführten Tories eroberten 211 der 282 Mandate, was selbst ihre eigenen kühnsten Erwartungen weit übertraf.

Noch bemerkenswerter war ihr Sieg in Quebec. In der vorwiegend französischsprachigen Belle Pro-vince eroberten sie 57 der 70 Mandate; 1980 war dies nur einem einzigen Konservativen geglückt!

Was waren die Ursachen für diese dramatische politische Wende in Kanada? Die Liberalen unter Pierre Trudeau waren fast 16 Jahre in Ottawa an der Macht, doch seit drei Jahren verloren sie immer mehr Terrain. Das änderte sich erst, als John Turner im Juni zum Nachfolger von „König Pierre" auserkoren wurde.

Vorerst versuchte der neue Regierungschef sich von Trudeaus Politik zu distanzieren. Als er aber nicht weniger als 23 liberale Abgeordnete auf hochbezahlte Posten (Senatoren, hohe Richter, Botschafter etc.) hievte, sank seine Popularität.

Von diesem Augenblick an begann der katastrophale Abstieg der liberalen Regierungspartei. Die ausgelöste Panik führte dazu, daß John Turner einen Monat vor der Stimmenabgabe seinen Wahlkampfleiter durch Senator Da-vey, den „Architekten" der Wahlsiege Trudeaus, ersetzte. Turners Chance, sich von Trudeau zu distanzieren, war damit verspielt.

Als die Liberalen bei Meinungsumfragen im Juli die Nase noch vorn gehabt hatten, entschloß sich Turner, die Stimmenabgabe auf Anfang September anzusetzen. Damit fehlte ihm aber auch die Zeit, um sich profilieren zu können.

Brian Mulroney, wie Turner ein erfolgreicher Anwalt und später Präsident der „Iron Ore Co. of Ca-nada", erwies sich im Wahlkampf als vorbildlicher Organisator und erstklassiger Taktiker. Der gebürtige Quebecer, Sohn eines Elektrikers, hatte es auch verstanden, die „Roten Tories" und die Erzkonservativen in der Partei zu einigen.

Was seine politischen Pläne anlangt, will Brian Mulroney den Zustrom von Auslandskapital fördern und den Einfluß des Staates auf die Wirtschaft reduzieren. Zudem will er im Staatshaushalt jährlich an die zehn Milliarden Dollar einsparen, ohne die sozialen Leistungen zu kürzen.

Mulroney übernimmt ein schweres wirtschaftliches Erbe aus der Trudeau-Ära: Die Arbeitslosigkeit von elf Prozent ist ein besonders großes Problem.

Verärgert hatte die Kanadier vor allem die Verschwendung von Steuergeldern und die Günstlingswirtschaft. Wie bekannt wurde, mußten im letzten Jahr 8031 Beneidenswerte keinen Cent Einkommensteuer zahlen, trotz eines jährlichen Verdienstes von über 50.000 Dollar. Das gleiche galt für manche Großverdiener mit einem Jahreseinkommen von über 200.000 Dollar. Sie blieben dank der „Schlupflöcher" des Systems steuerfrei. Zudem sind in Kanda die hohen Staatsbeamten besser bezahlt als in jedem anderen Land. All dies führte schließlich dazu, daß die Kanadier bei den Parlamentswahlen für den totalen Wechsel votierten.

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