USA: Erschüttertes Imperium

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Über die weit reichenden Folgen, wenn sich eine einstige Weltmacht lächerlich macht.

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Über die weit reichenden Folgen, wenn sich eine einstige Weltmacht lächerlich macht.

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Die Freude der zurechnungsfähigen Menschen der westlichen Welt über Joe Bidens Sieg ist getrübt, weil der Regierungsübergang mit den Trump‘schen Unsäglichkeiten belastet ist, weil in der US-Halbdemokratie das Politikmachen eingeschränkt sein wird und weil sich die innere und äußere Zerstörungswut der letzten Jahre kaum in einem Jahrzehnt rückgängig wird machen lassen.

Das US-Imperium ist erschüttert. Den Rückzug aus internationalen Organisationen, Verpflichtungen und Assoziationen hat in kluger und rascher Reaktion das autoritäre China genutzt (Freihandelsabkommen). Von den Vereinigten Staaten weiß man jetzt, dass vertragliche Vereinbarungen das Papier nicht wert sind, auf dem sie unterschrieben wurden (Iran). Gruppen, Völker und Bewegungen, die mit den USA kooperieren würden, sind sich bewusst, dass man auf die Partnerschaft und die Versprechen dieses Landes nicht zählen darf, sondern im Falle einer Stimmungsschwankung alleingelassen oder den Feinden ausgeliefert wird (Kurden).

Amerika war die westliche Führungsmacht. Wenn sie sich lächerlich macht, schwächt dies auch die Vasallen. Die amerikanische Soft Power mag weiterhin in der Pop-Kultur gelten, aber die amerikanische Demokratie wird man niemandem mehr als Ikone westlichen Wertedenkens vorführen können: eine schlechte Verfassung, ein funktionsunfähiges politisches System, eine kaputte Demokratie. Wenn man einem autoritären Herrscher der südlichen oder östlichen Welt etwas über Menschenrechte und Demokratie erzählen will, wird er „Amerika“ sagen und zu lachen beginnen – insgeheim schaut er ohnehin längst nach China. Die skurril-gefährliche Figur Trump hat irreparablen Schaden angerichtet. Denn nach Biden ist wieder alles möglich.

Der Autor ist Professor für Soziologie an der Universität Graz.

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